Ich AG hebelt Hartz IV Gesetze aus
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Eröffnet am: | 09.08.04 22:01 | von: BeMi | Anzahl Beiträge: | 18 |
Neuester Beitrag: | 10.08.04 09:50 | von: SchwarzerLo. | Leser gesamt: | 2.450 |
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- Ich AG hebelt Hartz IV Gesetze aus
Rund 500.000 Arbeitslose werden aufgrund der Hartz IV Gesetzgebung im kommenden Jahr kein Arbeitslosengeld mehr bekommen. Dadurch wollte die rot-grüne Bundesregierung Milliarden für die Bundesagentur für Arbeit einsparen.
Wie Report München jetzt herausfand, raten deshalb Arbeitsloseninitiativen wie der vom DGB mitfinanzierte „Förderverein gewerkschaftliche Arbeitslosenarbeit e.V." in Berlin solchen Arbeitslosen, eine Ich AG zu gründen. Das sei eine „bessere Sache als ins Arbeitslosengeld II abzustürzen“, so Martin Künkler von der Koordinierungsstelle gewerkschaftlicher Arbeitslosengruppen gegenüber report München. Die Ich AG wird von der Bundesagentur für Arbeit mit monatlich 600 Euro unterstützt. „Risiko gibt es bei der ganzen Sache keins. Die Förderung muss weder zurückgezahlt werden, noch muss ich groß Konzepte einreichen“, so Künkler weiter.
Der Nürnberger Arbeitsmarktexperte Prof. Hermann Scherl nimmt deshalb an, „dass etliche bei denen eine vollkommene Leistungskürzung droht, diesen Ausweg wählen werden. Das reißt ein vorher ungeplantes Milliardenloch in den Haushalt der Bundesagentur für Arbeit." Weiterhin kritisiert Scherl gegenüber report München, „dass bei der politischen Konzeption nicht alles bedacht wurde und dass einige offensichtlich auch etwas geschlafen haben."
Dr. Frank Wießner vom Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB), das zur Bundesagentur für Arbeit gehört, sieht ein Problem darin, "dass ein arbeitsmarktpolitisches Programm ein anderes aushebelt. Das heißt: Ich AGs werden möglicherweise hauptsächlich aus der Motivation gegründet das Arbeitslosengeld II zu unterlaufen."
Der Beitrag läuft in report München heute Abend, 9.8.2004, um 21 Uhr im Ersten. Für Rückfragen steht die Redaktion unter 089 / 3806-5263 zur Verfügung
-Wie Arbeitslose Hartz IV umgehen
Autor : Oliver Meyer-Rüth
17,7% Arbeitslosigkeit in Deutschlands Hauptstadt - ein trauriger Sommer. Der 57jährige Berliner Elektroingenieur Joachim Diercksen weiß, was das heißt. Arbeitslos sein. Er war es schon mehrere Jahre und ist es jetzt seit längerem wieder. In der Familie verdient nur die Frau das Geld. Knapp 2000 Euro im Monat. Jetzt muß Diercksen, wie so viele in Deutschland, den Fragebogen für das Arbeitslosengeld II ausfüllen. Doch er ahnt heute schon, wie es im kommenden Jahr finanziell für ihn aussieht. Joachim Diercksen sagt:
"Ich bekomme gar nix, weil meine Frau seit Anfang des Jahres eine Festanstellung hat und relativ gut verdient und aus dieser Situation heraus, werd ich gar nicht in den Anspruch kommen."
Bei der Koordinierungsstelle gewerkschaftlicher Arbeitslosengruppen sucht Diercksen Rat. Kein müder Euro mehr, obwohl er jahrelang in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt hat. Das will sich der Elektroingenieur nicht gefallen lassen. Der Mitarbeiter der vom DGB mitfinanzierten Beratungsstelle rät Diercksen, was er allen anderen, die in derselben Situation sind, auch rät. Martin Künkler von der Koordinierungsstelle gewerkschaftlicher Arbeitslosengruppen e.V. äußert sich über Diercksens Lage wie folgt:
"Er sollte schon überlegen, eine Ich AG zu gründen. Dann bekommt er 600 Euro monatlich im ersten Jahr. Davon muß er sich zwar sozial absichern, aber trotzdem bleibt noch ein bißchen was für den Lebensunterhalt übrig. Eine bessere Sache, als ins Arbeitslosengeld II abzustürzen, wo er keinen Anspruch hat. Risiko gibt es bei der ganzen Sache keins. Die Förderung muß weder zurück gezahlt werden, noch muß ich groß Konzepte einreichen. Es reicht zu sagen, ich möchte eine Ich AG gründen. Dann wird die Förderung auch bewilligt. Ohne Nachteile, ohne Risiken und ohne Rückzahlungspflicht."
Es muß gespart werden. Vor allem deshalb sollen rund 500.000 Arbeitslose in Deutschland nächstes Jahr überhaupt kein Geld mehr bekommen. Für sie alle wäre die Ich AG der Notanker. 600 Euro pro Monat ohne weiteres. Mehr Ich AGs, davon will der Vorstand der Nürnberger Bundesagentur, Heinrich Alt, momentan jedoch nichts wissen:
"Ich rechne nicht mit einem Run auf Ich AGs, denn jeder muß sich ausrechnen, was für ihn das Günstigere ist. Und wenn ich den normalen Arbeitslosengeld II Empfänger im Westen nehme, bekommt er 345 Euro Grundsicherung und nochmal circa 400 Euro Wohnung plus Heizungskosten. Also das sind in der Summe 700 Euro. Bei der Ich AG kriegt er bestenfalls 600 Euro."
Diese Rechnung der Bundesagentur bezieht sich jedoch nur auf die, die etwas bekommen. Für die 500.000, die leer ausgehen, ist die Ich AG die letzte Chance. Frank Wießner vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung erklärt daher:
"Man muß in der Folge deshalb noch in der zweiten Jahreshälfte 2004 mit einem richtigen Gründungsboom rechnen. Allerdings weniger aus unternehmerischen Gründen, sondern vielmehr aus einer Ökonomie der Not."
Der Arbeitsmarktexperte der Uni Erlangen-Nürnberg, Prof. Hermann Scherl, folgert:
"Das reißt ein vorher ungeplantes Milliardenloch in den Haushalt der Bundesagentur für Arbeit."
An dieses milliardenteure Schlupfloch für Arbeitslose hat offenbar Keiner gedacht bei der Konzeption von Ich AG und Arbeitslosengeld II. Selbst im Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung, das zur Bundesagentur für Arbeit gehört und auch dem Bundeswirtschaftsministerium zuarbeitet, kritisiert man die Kollision der beiden Arbeitsmarktinstrumente. Frank Wießner vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung sagt:
"Das Problem besteht hier darin, daß hier ein arbeitsmarktpolitisches Programm ein anderes aushebelt. Das heißt, Ich AGs werden jetzt möglicherweise hauptsächlich aus der Motivation heraus gegründet, das Arbeitslosengeld II zu unterlaufen."
Im Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit will sich zum Thema Hartz IV und arbeitsmarktpolitischen Fehlplanungen momentan niemand äußern. Der Minister sei im Urlaub, heißt es lapidar aus der Pressestelle. Der Arbeitsmarktexperte Prof. Hermann Scherl äußert sich zu Hartz IV wie folgt:
"Bei der gesamten Konzeption von Hartz IV wurden meines Erachtens etliche Fehler gemacht. Daß nun die Ich AG die vorgesehenen Einsparungen beim Arbeitslosengeld II teilweise durchkreuzt, das hat die Politik einfach nicht rechtzeitig erkannt und nichts dagegen getan."
Jürgen Heike vom Verwaltungsrat der Bundesagentur für Arbeit sagt:
"Das ist eine Pervertierung des Rechts und das war auch mit Sicherheit nicht im Sinne der Erfinder. Ich muß dazu sagen: Das zeigt wieder, wie schlampig diese Gesetze vorbereitet worden sind."
Der Arbeitslose Joachim Diercksen hingegen kann sich freuen über die Fehlplanungen in Sachen Hartz IV und füllt schon mal seinen Ich AG Antrag aus, denn:
"Das Geld bekommt man und das brauch ich noch nicht mal zurückzuzahlen und ich kann beim Arbeitsamt wieder in den alten Staus der Arbeitslosigkeit eintreten."
Den Fragebogen zum Arbeitslosengeld II muß der Ich AG Gründer Joachim Diercksen gar nicht mehr ausfüllen. Es wird nicht der Einzige sein, der bis zum Jahresende 2004 im Mülleimer landet.
http://www.br-online.de/daserste/report/archiv/2004/00169/
Was sich die "Experten" da oft für Notlösungen einfallen lassen, nur um die Leute möglichst schnell von der Straße zu kriegen, ist echt unfassbar! Das hat alles nichts mit Strukturwandel und schon gar nicht mit sozialer Marktwirtschaft zu tun! Und da liegt die Betonung nicht mal unbedingt auf "soziale"!
oder Aktivitäten zu entfalten.
Du kassierst nur monatlich 600 € und meldest Dich, ich
glaube nach 18 Monaten wieder arbeitslos.
Ciao
Bernd Mi
Zahl der Sozialhilfeempfänger steigt auf 2,81 Millionen
Die hohe Arbeitslosigkeit in Deutschland macht immer mehr Menschen zu Sozialhilfeempfängern. Die Zahl der Arbeitslosen in dieser Gruppe stieg nach Angaben des Statistischen Bundesamtes im Vorjahr um 14,3 Prozent.
Der Anteil der Arbeitslosen unter den erwerbsfähigen Sozialhilfeempfängern habe im Jahr 2003 mit 836 000 bei 47 Prozent gelegen. Im Jahr 2002 hatte ihr Anteil den Angaben zufolge noch 43,5 Prozent betragen.
Insgesamt bezogen zum Ende vorigen Jahres 2,81 Millionen Menschen Sozialhilfe. Das waren zwei Prozent mehr als im Jahr 2002. Damit lebten 3,4 Prozent der Gesamtbevölkerung von Sozialhilfe, 2002 waren es 3,3 Prozent. Frauen beanspruchten mit einer Quote von 3,7 Prozent häufiger die staatliche Unterstützung als Männer (3,1 Prozent), Ausländer mit einer Quote von 8,4 Prozent deutlich häufiger als Deutsche (2,9 Prozent).
Die Leute werden beratungsmäßig regelrecht da reingetrieben.
Keine Voraussetzungen - keine Anrechnung von Kindersparguthaben - keine 16-Seiten-Anträge.
Und fallen damit für ein gutes Jahr aus der Alo-Statistik raus - und werden uns natürlich in 2006 vor der Wahl als Super-Hartz-Regierungs-Reform-Erfolg verkauft werden.
Da der Mensch käuflich ist, läßt er sich so elegant aus der Alo-Statistik rauskaufen.
Nach der Wahl sind sie als Arbeitslose dann alle wieder da.
Vielleicht hebt´s wenigstens für ne Weile die Stimmung.
Und hoffentlich gewinnt die SPD die Wahl, damit sie dann von 2006 bis 2010 die Scheiße selber ausbaden muß.
Trotzdem scheint mir das hier mit dem Thema Ich-AG nicht so ganz ehrlich umgegangen wird.
Ja, im ersten Jahr bekommt man 600 Euro, aber davon muß man:
- Krankenversicherun zahlen (mindestens 160 Euro)
- Rentenversichrung zahlen (ca 200 Euro, habs nicht mehr genau im Kopf)
- Pflegeversicherung zahlen (nochmal 20 Euro)
Von den 600 Euro bleiben also im ersten Jahr gerade mal etwas weniger als 200 Euro übrig. Sicher, besser als nichts, aber als Ich-Ag ist man komplett auf sich allein gestellt.
Auch kann man Ich-Ag nur dann beantragen, wenn man im Leistungsbezug steht. Wenn einem kein ALG oder ALH zusteht, dann gibts auch keine Ich-Ag. Fällt man also 2005 aus dem Leistungsbezug raus, dann ist es zu spät um eine Ich-Ag zu gründen. Wenn, dann müßte man das noch dieses Jahr anleiern.
Tatsache ist jedoch, daß man die IchAg bewilligt bekommt sobald man die Vorraussetzungen erfüllt, egal ob das angestrebte Unternehmen nun eine Überlebenschance hat oder nicht.
- Krankenversicherun zahlen (mindestens 160 Euro)
- Rentenversichrung zahlen (ca 200 Euro, habs nicht mehr genau im Kopf)
- Pflegeversicherung zahlen (nochmal 20 Euro)
Das erscheint mir viel zu hoch!
Ich werde mich morgen einmal schlau machen.
Ciao
Bernd Mi
Rentenversicherung: 230 Euro: (ok, ich hatte grob 200 im Kopf), Hier der Auszug:
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Gesetzliche Rentenversicherung: Die Ich-AG-Gründer werden versicherungspflichtig, so lange sie den Existenzgründungszuschuss beziehen. Nach geltendem Recht (§ 165 SGB VI) besteht dabei die Möglichkeit, auf Antrag bis zu drei Jahre nach Aufnahme der selbständigen Tätigkeit Beiträge nur auf ein Arbeitskommen entsprechend der halben monatlichen Bezugsgröße (2003: West 1.190 € bzw. Ost 997,50 €) zu leisten. Bei einem Beitragssatz von 19,5 % entspricht dies einem monatlichen Beitrag von etwas über 230 € im Westen und von ca. 195 € im Osten.
"Die deutschen sozialversicherungssysteme sind die primitivsten dieser Welt: Was reinkommt, geht raus."
So, das stimmt, und deshalb müssen wir jedes Jahr neue Schulden machen, weil mehr rausgeht als reinkommt.
Aber offenbar brauchen wir einen Sesselfurzerapparat, der die Differenz zwischen "Rausgeht" und "Reinkommt" im Sinne parteipolitischer Erwägungen ständig neu definiert. Und das ganze für drei Parteién. Also drei Sesselfurzeruniversen in einem Schlagloch ohne Ausweg?
Hatten wir das nicht schon mal, mit Brüning
hat man nach beendigung der ich-ag eigentlich wieder anspruch auf ALG oder nicht?? (vermute mal, nein...)
mfg
gf
Aus der Ich-AG selber heraus entsteht natürlich kein ANspruch, denn man ist ja Selbstständig.