Kostenlose Online-Spiele werden 2015 sieben Milliaren Dollar Umsatz machen. Darunter leiden insbesondere die etablierten Hersteller. Deutsche Publisher wie Gameforge oder Frogster Interactive heizen der amerikanischen und asiatischen Konkurrenz ordentlich ein.
LOS ANGELES. Was sich so unlogisch anhört, ist die größte Bedrohung, der sich die klassische Videospieleindustrie gegenübersieht. Die Umsätze werden nicht mehr mit dem Verkauf des Spiels auf CD oder über Abo-Gebühren gemacht, sondern nur noch mit dem Verkauf von digitalen Gütern und Services auf freiwilliger Basis. Deutsche Unternehmen heizen in diesem jungen Segment der amerikanischen und asiatischen Konkurrenz ordentlich ein. Der Umsonst-Publisher Gameforge aus Karlsruhe hat sich jetzt die prestigeträchtige Lizenz für die US-Kultserie "Star Trek" geschnappt.
Gamesforge hat vom US-Medienkonzern CBS die weltweite Lizenz für Kostenlos-Spiele für die gesamte Star Trek-Franchise (Raumschiff Enterprise) erworben, einschließlich aller TV-Episoden und Kinofilme. Das bestätigte Ralf Adam, Vice President Publishing von Gameforge, am Rande der Spielemesse E3 in Los Angeles. Die ersten zwei Spiele werden 2011 erwartet. "Das ist ein wichtiger Schritt für uns", so Adam. Mit einem "guten einstelligen Millionenbetrag" pro Star-Trek-Spiel werde das Entwicklungsbudget "ein Mehrfaches" des bislang üblichen betragen. Die 2003 gegründete Spielefirma hat vergangenes Jahr erstmals über 100 Mio. Euro umgesetzt und will jetzt den US-Markt erobern.
Den Erfolg der Billigheimer bekommt die Branche drastisch zu spüren. Immer weniger Käufer wollen 50 oder mehr Dollar für ein Spiel auf CD ausgeben. Um 26 Prozent sind laut Marktforscher NPD im April in den USA die Umsätze mit Spielesoftware eingebrochen. "In diesen Zahlen", so Thomas Tippl, Finanzvorstand des kalifornischen Weltmarktführers Activision zum Handelsblatt, "sind nur Verkäufe auf CD oder DVD über die Ladentheke enthalten. Der Onlinebereich und digitale Güter fehlen." Hier boomt das Geschäft: Activisions Multiplayer-Online-Game "World of Warcraft" etwa hat 2009 gut 1,2 Mrd. Dollar Umsatz an Abo-Gebühren eingespielt. Doch selbst dieses Erfolgsmodell gerät durch "Free to Play" ins Wanken. "Dieser Markt wird regelrecht explodieren", so David Cole von DLC Intelligence. DLC sieht die Umsätze von unter 3 Mrd. Dollar in 2009 auf über 7 Mrd. Dollar im Jahr 2015 anziehen.
Am Ende eines kostenlosen Spiels steht meist eine dicke Rechnung. Im Schnitt 28 Dollar pro Monat geben Spieler nach Informationen des Zahlungsdienstleisters Live Gamer freiwillig für digitalen Schnick-Schnack aus, rechnet Mitgründer Andrew Schneider vor. Sie kaufen bessere Waffen, Wohnungseinrichtungen, Werkzeuge, Zauberformeln oder Imagepunkte. Der Preis liegt immer um 50 Cents oder einen Dollar, auf jeden Fall unter der "Schmerzgrenze", ab der Verbraucher über einen Kauf nachdenken. Free-to-Play übersetzen Rockefellers Öllampen-Prinzip in die digitale Welt: Das Produkt wird umsonst abgegeben und mit dem "Verbrauchsmaterial" wird um so mehr Gewinn erzielt. Ohne zusätzliche digitale Helferlein ist Erfolg in den Spielewelten nur mühsam oder gar nicht zu erzielen. Der größte Erfolg der Laumeier-Branche ist derzeit "Farmville", das speziell für die Social Networkseite Facebook programmiert wurde und laut Betreiber Zynga rund 70 Mio. aktive Nutzer hat. Im Schnitt kaufen nur zehn bis 20 Prozent der Spieler etwas, aber das reicht, da die Betriebskosten pro Spieler extrem gering sind.
Neben Gameforge, mit über 20 Spielen in 50 Ländern nach eigener Aussage weltgrößter unabhängiger Anbieter kostenlosen Spielen in Web-Browsern, sind die deutsche Frogster Interactive aus Berlin ("Runes of Magic") mit im Rennen und das Spieleportal Popmog aus Berlin. Nach nur sieben Monaten hat Popmog bereits rund 400 000 Unique User im Monat, freut sich Gründer Alexander Piutti, der früher das das europäische Suchmaschinengeschäft bei yahoo geleitet hat.
Spielemesse E3
Bedeutung Die E3 in Los Angeles gilt neben der Tokyo Game Show und der China Joy in Schanghai als die bedeutendste Gaming-Messe der Welt. Sie erwartet 45 000 Fachbesucher und dauert noch bis 17. Juni.
Markt Die Umsätze mit Video-, Computer-, Handheld- und Online-Gaming werden nach Schätzungen von DFC Intelligence von 60 Mrd. Dollar im Jahr 2009 bis auf 70 Mrd. Dollar 2015 ansteigen. Einem Rückgang beim Verkauf von Software auf physischen Datenträgern steht dabei ein rapider Anstieg der digitalen Distribution gegenüber.
Wachstum Der Großteil wird erst von 2013 bis 2015 eintreten, so DFC. Zuvor wird ein Preisverfall der alternden Spielekonsolen Xbox360, Playstation 3 und Wii zu Umsatzverlusten führen.