Euro-Wirtschaft steht vor der Rezession


Seite 1 von 1
Neuester Beitrag: 14.02.03 01:14
Eröffnet am:14.02.03 01:14von: first-henriAnzahl Beiträge:1
Neuester Beitrag:14.02.03 01:14von: first-henriLeser gesamt:645
Forum:Talk Leser heute:1
Bewertet mit:


 

36803 Postings, 8214 Tage first-henriEuro-Wirtschaft steht vor der Rezession

 
  
    #1
14.02.03 01:14
Aus der FTD vom 14.2.2003  
Euro-Wirtschaft steht vor der Rezession
Von Mark Schieritz, Berlin und Andreas Krosta, Frankfurt

Die Wirtschaftsleistung der Euro-Zone droht im laufenden Quartal zurückzugehen. Wieder wächst die Gefahr einer Rezension.

Diese Einschätzung äußerten Ökonomen am Donnerstag nach der Veröffentlichung der Daten zum niederländischen Bruttoinlandsprodukt im vierten Quartal 2002. "Ein Minus beim Wirtschaftswachstum im Euro-Raum kann man nicht ausschließen", sagte Lothar Hessler, Konjunkturexperte bei der Investmentbank HSBC Trinkaus & Burckhardt. Auch die Europäische Zentralbank warnte in ihrem am Donnerstag veröffentlichten Februar-Monatsbericht vor Abwärtsrisiken für die Konjunktur.

Sollten sich die Prognosen bewahrheiten, stünde die Wirtschaft der Euro-Zone ein Jahr nach dem Konjunktureinbruch 2001 erneut vor einer Rezession. Darunter verstehen Experten zwei Quartale in Folge mit rückläufiger Wirtschaftsaktivität.



Einbruch bei Investitionen


In den Niederlanden ist die einst boomende Wirtschaft bereits Ende 2002 nur knapp einem realen Rückgang entronnen. Nach Angaben des Statistikamts CBS legte das BIP um 0,1 Prozent zur Vorperiode zu. Damit wuchs die Wirtschaft im Gesamtjahr 2002 um 0,3 Prozent. Das war der geringste Anstieg seit 20 Jahren.


Eingebrochen sind 2002 vor allem die Investitionen, die um 3,7 Prozent zum Vorjahr zurückgingen. Erstmals seit 1982 sanken auch die Exporte. So führten die Niederlande 1,3 Prozent weniger Güter und Dienstleistungen aus als 2001.


Für die Exportschwäche war dabei Experten zufolge nicht nur die die globale Konjunkturflaute verantwortlich. Vielmehr litten die Niederlande unter einem massiven Verlust an Wettbewerbsfähigkeit. 2001 sind die Lohnstückkosten in Holland um sechs Prozent gestiegen, im Schnitt der Euro-Zone waren es nur drei Prozent. In der Vergangenheit hatte das Land mit einer Strategie der Lohnzurückhaltung seine Exporte steigern können. Allein der mit einem Plus von 3,8 Prozent stark gewachsene Staatskonsum verhinderte, dass die Wirtschaft 2002 schrumpfte.


Auf Basis der holländischen BIP-Daten gehen die Volkswirte der ING BHF-Bank davon aus, dass die Wirtschaft der Euro-Zone zum Jahresende 2002 stagniert hat. Für das laufende Quartal sagen sie nun einen Rückgang des Euro-BIP um 0,2 Prozent voraus. Die Deutsche Bank rechnet mit einer Schrumpfung der Wirtschaftsleistung um 0,1 Prozent.




--------------------------------------------------


 

Bruttoninlandsprodukt zum Vorquartal


Europas Konjunktur könnte erneut einbrechen Schwäche Bereits zum Jahresende hat sich die Dynamik der Euro-Wirtschaft merklich abgekühlt. Experten zufolge ist nun die Wahrscheinlichkeit groß, dass die Wirtschaft der Währungsunion das Jahr 2003 mit einer Schrumpfung beginnt.




--------------------------------------------------



Zur Begründung für seine pessimistische Schätzung verwies ING-Chefvolkswirt Uwe Angenendt auf die schlechte Stimmung der Konsumenten in der Euro-Zone. Im Januar war der von der EU-Kommission veröffentlichte Index für das Verbrauchervertrauen auf den tiefsten Stand seit 1993 gefallen. Laut Angenendt dämpfen neben dem gestiegenen Ölpreis besonders die Steuer- und Abgabenerhöhungen in Deutschland die privaten Ausgaben. Auch die Unsicherheit über einen möglichen Irak-Krieg sowie die Euro-Aufwertung belasten Experten zufolge die Euro-Wirtschaft.


Die EZB betonte im Monatsbericht die Wachstumsrisiken für die Euro-Zone. "Zusammengenommen bestehen weiterhin Abwärtsrisiken für die Wirtschaftsaussichten im Euro-Währungsraum", heißt es. Wie die privaten Analysten nannte die Notenbank geopolitische Risiken sowie höhere Ölpreise als Konjunkturrisiken.


Nach einer Umfrage der EZB unter privaten Prognostikern gehen diese nun für 2003 nur noch von einem Wirtschaftswachstum für die Euro-Zone von 1,4 Prozent aus. Bei der letzten Umfrage war im Schnitt noch ein Wachstum von 1,8 Prozent erwartet worden. Einige Bankenökonomen interpretierten den Monatsbericht als zusätzliches Indiz für eine weitere Zinssenkung der EZB im März oder spätestens im April.


Skeptisch äußerte sich die Zentralbank zu der Möglichkeiten, die Wirtschaft im Krisenfall durch abgestimmte Geld- und Fiskalpolitik zu stützen. "Die Ad-hoc-Koordinierung politischer Maßnahmen hat sich als weitgehend unwirksam, wenn nicht gar kontraproduktiv erwiesen, da sie stets Umsetzungsprobleme und Fehlanreize für die beteiligten Akteure mit sich bringt", so der Monatsbericht.


Allerdings ist Experten zufolge nicht gesagt, dass sich die EZB damit gegen koordinierte Aktionen auf internationaler Ebene für den Fall ausspricht, dass ein Irak-Krieg schwere Folgen für die Wirtschaft mit sich bringt. Anfang der Woche war aus Regierungskreisen verlautet, die führenden Industriestaaten bereiteten ein wirtschaftspolitisches Notprogramm für den Kriegsfall vor. Die Europäische Kommission hatte ihre Bereitschaft angedeutet, dann die strengen EU-Haushaltsregeln auszusetzen. Volkswirte hatten sich für koordinierte Maßnahmen der Geld- und Finanzpolitik ausgesprochen, falls die Situation am Golf die Weltwirtschaft in eine Krise treiben sollte.



© 2003 Financial Times Deutschland , © Illustration:  FTD, Quelle: Thomson Datastream  

   Antwort einfügen - nach oben