Es ist ein Armutszeugnis, wie Grass behandelt wird
URL: http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,431855,00.html
Interview mit Robert Schindel
"Es ist ein Armutszeugnis, wie Grass behandelt wird"
Robert Schindel war einer der ersten, die von Günter Grass' SS-Vergangenheit wussten. Im Interview mit SPIEGEL ONLINE spricht der österreichische Autor, Lyriker und Regisseur über das Bekenntnis des deutschen Schrifstellers - und die Vorwürfe, die gegen ihn erhoben werden.
SPIEGEL ONLINE: Günter Grass hat Ihnen und anderen Schriftstellern vor mehr als 20 Jahren in einer kleinen Runde von seiner SS-Zeit erzählt. Erinnern Sie sich noch, wie er damals über seine Vergangenheit gesprochen hat?
Schindel: Er hat erzählt, dass er zur Waffen-SS rekrutiert wurde. Er hatte sich damals zuvor freiwillig zur U-Boot-Truppe gemeldet, dort haben sie ihn nicht genommen. Aber weil es schon seine freiwillige Meldung gab, haben sie diese Meldung genommen, um ihn zur Waffen-SS zu rekrutieren - das war damals offensichtlich Usus. Das hat er erzählt.
SPIEGEL ONLINE: Wirkte es für Sie damals wie ein Geständnis?
Schindel: Nein, warum? Das war vollkommen normal. Wir haben eine Viertelstunde oder eine halbe Stunde darüber gesprochen, er hat auch ein bisschen von seiner Verwundung erzählt, dann sind wir zu anderen Themen übergegangen - das hat niemanden von uns erstaunt. Ich wusste schon damals, und die anderen Schriftstellerkollegen wohl auch, dass die Leute im letzten Kriegsjahr massiv zur Waffen-SS rekrutiert wurden. Mein Stiefvater etwa sollte damals in Dachau rekrutiert werden, im Januar 1945 wurden Häftlinge zusammengerufen und konnten sich zur Waffen-SS melden. Auch Grass wurde rekrutiert, aber ich habe da niemals irgendeine Sympathie bei ihm für die SS gesehen. Er wurde eben rekrutiert, Schluss, aus, basta.
SPIEGEL ONLINE: Wer waren denn die Teilnehmer der Gesprächsrunde?
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SPIEGEL ONLINE: Hat sich Ihr Urteil über den Menschen Grass damals verändert? Ihr Vater wurde 1945 in Dachau hingerichtet.
Schindel: Nein, da hat sich überhaupt nichts geändert. Was so sehr für Grass spricht, ist, dass dieses SS-Kapitel für ihn selber wie eine Schmach ist - obwohl er nichts dafür kann. Wir hatten damals keine Ahnung davon, dass es ihn so beschäftigt hat. Das ist bei dem Gespräch nicht herausgekommen. Aber in ihm scheint es ein Leben lang eine Wunde gewesen zu sein. Deswegen habe ich auch Hochachtung vor ihm.
SPIEGEL ONLINE: Glauben Sie, dass noch andere von Grass' SS-Zeit wussten?
Schindel: Ich habe inzwischen erfahren, dass auch Peter Turrini seit 20 Jahren davon weiß. Grass hat wahrscheinlich öfter in privaten Kreisen davon erzählt.
SPIEGEL ONLINE: Was meinen Sie ist der Grund für das späte öffentliche Geständnis?
Schindel: Ich glaube, dass jeder Mensch, wenn er unter einer Scham leidet - ob berechtigt oder nicht - einen gewissen Reifeprozess braucht. Irgendwann ist die Eiterbeule reif, dann geht sie auf. Es hat eben so lange gedauert. Es muss doch jeder in seiner Biografie selber bestimmen dürfen, wann ganz bestimmte Dinge preisgegeben werden. Das kann ihm doch keiner vorschreiben, das ist doch eine Anmaßung. Jetzt ist es reif, und ich finde es höchst respektabel und ziehe wirklich den Hut vor ihm, dass er jetzt etwas preisgibt, was ihn offensichtlich ein Leben lang beschäftigt hat. In meinen Augen ist es eine deutsche Krankheit, ihn dafür jetzt zu prügeln.
SPIEGEL ONLINE: Der Zentralrat der Juden in Deutschland wirft Grass vor, sein Geständnis als PR-Maßnahme für sein neues Buch zu nutzen.
Schindel: Wenn ich das so offen sagen darf: Der Zentralrat ist in den letzten 20 Jahren nicht durch besondere Intelligenz aufgefallen. Der Vorwurf gegen Grass ist eine böswillige Unterstellung. Wenn man so etwas nicht beweisen kann, darf man es nicht sagen.
SPIEGEL ONLINE: Und die Vorwürfe, er habe sich seinen Nobelpreis erschlichen?
Schindel: Es ist doch für ihn selber eine Schmach und eine Wunde. In Wirklichkeit ist dieses SS-Kapitel doch ein Klacks: Es ist doch gar nichts, dass er als 17-Jähriger im letzten Dreivierteljahr des Krieges eingezogen wurde. Was anderes ist es, wenn jemand 1938 zur SS geht. Das ist der Punkt. Es werden Sachen durcheinander geworfen. Das Wort SS wird als Reizwort genommen. Grass hat recht, wenn er sagt, dass er als Person jetzt wirklich schlecht behandelt wird. Er ist einer der großen Dichter der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, er hat sich große Verdienste erworben, nicht nur durch sein literarisches Werk, sondern auch durch seine Art und sein Leben. Er war immer ein Beispiel für Zivilcourage, für Nichtopportunismus. Natürlich hat er sich auch geirrt, wie wir alle. Ihn so zu behandeln, ist ein Armutszeugnis.
SPIEGEL ONLINE: Warum ist die Empörung Ihrer Meinung nach so groß?
Schindel: Weil er sozusagen eine moralische Instanz war - und eine moralische Instanz darf in Deutschland, diesem Tugendland, keine Fehler haben. Wir anderen dürfen Fehler haben und können die unangenehmen Dinge unseres Lebens verschweigen. Macht doch jeder von uns. Aber ein Vorbild muss makellos sein, ein richtiger Tugendbold. Das ist er natürlich nicht, er ist ein Schriftsteller mit allen Widersprüchen.
SPIEGEL ONLINE: Ist denn die Frage nicht gerechtfertigt, warum Grass so lange nichts gesagt hat?
Schindel: Wenn das nicht so gehässig ablaufen würde, hätte ich auch gern gewusst, warum er sich so lange Zeit gelassen hat. Aber nicht als Vorwurf, sondern: Was waren deine Gründe? Dann hätte er vielleicht sagen können: Ich habe ohnehin genug Gegner, ich wollte ihnen nicht in die Hände spielen, sondern wollte warten, bis ich mir das leisten kann. Das ist doch menschlich.
SPIEGEL ONLINE: Wenn Sie das nächste Mal Grass treffen - was werden Sie ihm sagen?
Schindel: Respekt.
Das Interview führte Björn Hengst
"Und dass Du anscheinend weder glücklich noch zufrieden bist, zeigt sich doch hier nahezu jeden Tag."
Das "anscheinend" (scheinen) reduziert die Aussage nicht, sondern sagt nur aus, dass Du so wirkst. In diesem Falle ist es keine Vermutung sondern ein beleidigende Unterstellung. Es ist nicht überraschend, dass hier das Sprachgefühl verloren gegangen ist. Beleidigen wird geradezu als Sport betrieben. Immer wieder wird versucht die Grenzen auszuloten. Das färbt mit der Zeit auch auf die Moderatoren ab.
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"[und dass der kleine häbbi mir immer "Neidgefühle" vorwerfen zu müssen glaubt, zeigt nur die Größe seines Geistes, der in anderen Kategorien als "Neid" und als "ad hominem" nicht denkt (nicht denken kann?). Aber er ist ja noch jung und kann noch viel für sich und sein eigenes Vermögen tun. Ich sach mal: Wenn es dann mal so groß ist wie der mir unterstellte Neid (oder wie mein eigenes Vermögen), dann darf er sich getrost zurücklehnen und ausruhen]"
Wer also im Glashaus sitzt, der sollte nicht mit Steinen werfen. Dieser Spruch ist zwar alt, aber immer nocht zutreffend und zeugt davon, daß unsere Vorfahren vermutlich mehr von gesundem Menschenverstand verstanden haben als wir.
MfG/Johannah
Na gut, war der GraSS halt in der SS und hat 60 Jahre den Moralapostel gespielt, ist halt ne Sache des Anstands ob man Andere für etwas anprangert was man selbst gemacht hat.
Jetzt ist das Geständnis also Zufällig mit der Veröffentlichung des Buches gekommen, war es Absicht dann unterstreicht das nur meine Meinung über SS-Grass ehemals das "Linke Gewissen", ist es tatsächlich Zufall gewesen dann wird GG wohl auch nichts dagegen haben das jetzt alle Braunen Zecken ein neues Idol haben und ab jetzt neben "Mein Kampf" auch 2-3 Grass Bücher im Regal stehen:)
Menschlich hab ich GG noch NIE ausstehen können und die jetzige Sache bestärkt mich in meiner Abneigung.
Das einzige was ich witzig finde das man ja so gesehen sagen kann das die meisten Linken also Bücher eines SS-Manns in Ihren Regalen haben. Das macht die Sache dann doch wieder lustig. Also liebe Linken um eure Bibliothek jetzt komplett zu machen sollte man sich ja fast noch eine handsignierte Ausgabe von "Mein Kampf" besorgen, die würde dann richtig gut mit den GraSS-Büchern harmonieren :)
Ich kann das sehr gut verstehen,nachdem ich vor kurzem einen 10 Jahre älteren Schüler meines Gymnasiums in Berlin kennen gelernt habe,der wie die meisten seiner Klasse gegen Ende des Krieges eingezogen wurde und zur Marine kam.Den Mann hat das Entsetzen des Krieges mit seinen Toten und den vielen gefallenen Klassenkamerden -von denen er mit Tränen in den Augen berichtet-so geprägt,dass er noch immer jeden Monat zum Marinetreffen der Übriggebliebenen geht und andere Männer fragt,ob sie gedient haben.Ich glaube ,dass viele dieser Jugendlichen zwar voller Begeisterung sich zur Verteidigung der Heimat gemeldet haben,aber im Grunde danach traumatisiert waren .Ich kenne viele Leute ,die sagen,als ihr Vater aus dem Krieg zurückkam,hat er jahrelang nicht darüber gesprochen und war ein sehr schwieriger Mensch.Es gibt Psychologen,die schreiben,dass eine ganze deutsche Generation durch die Kriegsfolgen geprägt sei.Ich selbst habe jahrelang davon geträumt ,auf der Flucht vor den Russen über eine brennende Brücke zu rennen.
"Menschlich hab ich GG noch NIE ausstehen können..."
"Diesen Herren habe ich noch nie gemocht."
Ausmustern
""Günni" war doch wohl einige Jahrzehnte Wahlkämpfer für die Genossen.
Der selbsternannte Gutmensch und Reinwäscher dürfte aber jetzt ausgemustert werden..."
Und seit Friedmann endlich mal wieder schön abgespritzt
"Wie so ein linker Obermoralist
seine dreckige Unterhose verliert und nun
nackt da steht.
Erinnert mich stark an Friedmann."
Höchste Befriedigung auch für die rechten Choleriker
"Ich sach mal: drei Jahre früher geboren und zur SS gegangen - es wäre ein schneidiger SS-Offizier aus ihm geworden (mit 1,71 m nur leider etws zu klein, um perfekt dem arischen Ideal der "Windhunde" zu entsprechen)..."
Und mit Schaum vor dem Mund: Postings 94 und folgende
Mein Tipp:
"Ich sach mal: drei Jahre früher geboren und zur SS gegangen - es wäre ein schneidiger SS-Offizier aus ihm geworden (mit 1,71 m nur leider etws zu klein, um perfekt dem arischen Ideal der "Windhunde" zu entsprechen)..."
GG hat - vielleicht nicht ganz so scharf, wer kanns ihm verdenken - genau diesen Gedanken gestern Abend geäussert. Er sagte nach meiner Erinnerung, er sei froh drum, altersbedingt nicht bereits früher zu dieser Truppe gekommen zu sein; er möge sich nicht vorstellen, was aus ihm hätte werden können bzw. in was er hätte verstrickt sein können... er könne dafür keine Garantie geben...
MfG
kiiwii
Günther Grass' neues Buch "Beim Häuten der Zwiebel" ist der Verkaufsschlager in Frankfurter Buchhandlungen. Grund hierfür sei die große mediale Aufmerksamkeit, die die Aussagen des Autors über seine Mitgliedschaft in der Waffen-SS in den vergangenen Tagen bekommen hätten, vermuten die Buchhändler einhellig.
Bei Hugendubel heißt es, man habe innerhalb der ersten beiden Verkaufstage bereits über 100 Exemplare abgesetzt. Das sei eine ungewöhnlich hohe Zahl. Noch ist das Werk jedoch nicht in allen Buchhandlungen zu haben. Wegen der aktuellen Diskussion hat der Verlag den Ausliefertermin vorverlegt, seit Mittwoch erhalten Buchhandlungen die ersten Exemplare. antk.
Text: F.A.Z., 18.08.2006, Nr. 191 / Seite 46
MfG
kiiwii
nun wahrlich nichts Neues!!Es gilt,wenn du so willst,auch für die Generationen
danach!
Wenn er damals 50 gewesen wäre,wäre er wahrscheinlich zum Volkssturm
rekrutiert worden und wäre nie Schriftsteller geworden.
Wenn er nur 15 gewesen wäre,wäre er überhaupt nicht rekrutiert worden und
wäre vielleicht auch nie Schriftsteller geworden.
Also ich fasse für dich nochmals den gesamten Fall zusammen:Grass wollte an
die Front und hat sich freiwillig gemeldet.Das findet die Öffentlichkeit
nicht schlimm,weil das damals Usus war.Fatal findet die Öffentlichkeit aber,
dass er damit(und der SS) nicht schon längst rausgerückt ist,weil er das als Moralapostel hätte tun müssen!
Bemi:Ich habe nichts von Beleidigung gesagt.Mich freut es,dass sich die
Rechten endlich mal wieder gemeinschaftlich aufgeilen können!;-)