Eine Frage wie ich sie mir schon oft gestellt habe


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Neuester Beitrag: 18.08.06 08:44
Eröffnet am:15.08.06 22:29von: bearbullAnzahl Beiträge:5
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74 Postings, 6685 Tage bearbullEine Frage wie ich sie mir schon oft gestellt habe

 
  
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15.08.06 22:29
Wie schwer ist das Universum?

Physiker bestimmen die Masse des Universums

Zwei deutsche Physiker haben eine Formel entwickelt, mit der sich die Masse des Universums bestimmen lässt. Demzufolge wächst dessen Schwere nicht mit dem Volumen, sondern nur mit dem Radius - ganz ähnlich, wie es etwa auch bei Schwarzen Löchern der Fall ist.
Nimmt man eine geschätzte Größe von 78 Milliarden Lichtjahren zur Hand, die vor einiger Zeit von anderen Physikern publiziert wurde, dann ist das Universum gegenwärtig rund eine Million Quadrillionen Quadrillionen Kilogramm schwer. Tendenz steigend.

Scheinbar simple Frage
                              §
Wie schwer ist das Universum? Die Frage klingt recht einfach. Intuitiv würde man bei ihrer Beantwortung folgendermaßen vorgehen: Man nehme die Dichte des Universums, die sich in unserer Umgebung experimentell bestimmen lässt.

Sie beträgt rund 10-26 Kilogramm pro Kubikzentimeter. Diesen Wert multipliziere man mit dem kosmischen Volumen - und voilà: Schon hat man die Masse des Universums. Was leider falsch ist.

Denn die Allgemeine Relativitätstheorie folgt einer anderen Metrik, als sie obiger "Pi mal Daumen"-Rechnung zugrunde liegt. Demzufolge beeinflusst etwa die Expansion des Universum, wie wir Distanzen und Massen messen - und daher darf man in diesem Fall nicht einfach Dichte mit Volumen multiplizieren.
                                                  §
          §Physiker entwickeln neue Formel

Hans Jörg Fahr vom Institut für Astrophysik und Extraterrestrische Forschung der Universität Bonn und Michael Heyl vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt haben sich dennoch an dieses Problem herangewagt und eine Formel entwickelt, mit der sich die Masse des Universums bestimmen lässt.

Das Ergebnis zeigt, dass man das Universum nicht wie ein großes, mit dünner Teilchensuppe gefülltes Schwimmbecken auffassen darf.

Denn die Schwere eines Schwimmbeckens ist bekanntlich davon abhängig, welches Volumen Wasser darin Platz hat. Verdoppelt man das Volumen, verdoppelt sich auch die Masse des Wasserkörpers.
                                                  §
          §Ähnlichkeit zu Schwarzen Löchern

Nicht so im Universum, in dem die Masse laut Fahr und Weyl mit dem Radius anwächst. Was bedeutet, dass es mit zunehmender Größe nur relativ wenig schwerer wird. Das Ergebnis erscheint als Reminiszenz an das Verhalten von Schwarzen Löchern, bei denen es sich ganz ähnlich verhält.

Anders ausgedrückt: Wäre das Universum ein gigantisches Schwarzes Loch, dann wäre es nur geringfügig schwerer, als es jetzt der Fall ist.


10`54 Kilogramm
                                        §
Freilich weiß man nicht genau, wie groß das Universum tatsächlich ist. Da wir nur mit jenem Licht in Kontakt kommen, das sich seit dem Urknall in unseren Beobachtungsradius verirrt hat, kann man die Größe des Universums bestenfalls abschätzen, aber nicht direkt messen.

Das hat vor zwei Jahren der US-Physiker Neil J. Cornish getan, der aufgrund topologischer Überlegungen auf einen Wert von 24 Gigaparsec bzw. rund 78 Milliarden Lichtjahre kam (Physical Review Letters, 92, 201302).

Diese Schätzgröße kann man wiederum in die Formel von Fahr und Weyl einsetzen. Das Ergebnis: Demnach ist das Universum zum gegenwärtigen Zeitpunkt ungefähr 10´54, also eine Million Quadrillionen Quadrillionen Kilogramm schwer.
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          §Auf den Spuren Ernst Machs
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Interessanterweise kam schon der österreichische Physiker Ernst Mach auf anderem Weg zu dem Ergebnis, dass die Masse des Universums von dessen Radius abhängig sein könnte. Wie Jörg Fahr gegenüber science.ORF.at erläutert, glaubte Mach, dass die Masse eines gegebenen Körpers einen Bezug zu allen anderen Körpern im Universum aufweise und damit keine unabhängige, feststehende Größe sei.

Ähnliche Konsequenzen ergeben sich auch aus den Berechnungen von Fahr und Heyl. Noch ist unklar, inwieweit dieses Prinzip mit der Allgemeinen Relativitätstheorie (ART) verträglich ist.

Eines steht jedoch fest: Wollte man die bereits von Mach angedachte Kontextabhängigkeit der Masse in das Theoriengebäude der Physik integrieren, müsste man die Feldgleichungen der ART erweitern. Und genau daran arbeitet Hans Fahr zur Zeit.  

74 Postings, 6685 Tage bearbullp UP s o. T.

 
  
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16.08.06 07:19

74 Postings, 6685 Tage bearbullDer zweite Urknall - wie der Mond enstand

 
  
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17.08.06 17:50
13. August 2006, NZZ am Sonntag

Der zweite Urknall

Vor 4,5 Milliarden Jahren kollidierte ein fremder Planet mit der Erde. Aus den Trümmern des Crashs bildete sich der Mond. Von Andreas Hirstein
 
Seit der Mensch zum Himmel schaut, erblickt er den Mond als seinen Begleiter. Früher sah er in ihm eine Scheibe, dank Kopernikus erkannte er eine Kugel, und seit wir den Himmel mit Präzisionsinstrumenten vermessen, wissen wir: Auch der Mond hat keine ideale Figur, es gibt kleine, aber messbare Abweichungen von der perfekten Kugelform. Der natürliche Satellit ist an den Polen abgeflacht und hat zusätzlich Ausbuchtungen auf der Höhe seines Äquators. Eine der beiden «Beulen» zeigt zur Erde, die andere liegt auf der abgewandten Seite.

Das ist für Wissenschafter nicht in erster Linie ein ästhetisches Problem. «Die Form des Mondes passt nicht zu seiner Umlaufbahn um die Erde», erklärt der Astrophysiker Willy Benz von der Universität Bern.

Dabei sind Abweichungen von der Kugelgestalt bei allen Himmelskörpern normal. Auch die Erde besitzt aufgrund ihrer 24-stündigen Drehung um die eigene Achse abgeflachte Pole. Die Verbindung zwischen Nord- und Südpol ist 21 Kilometer kürzer als der Durchmesser am Äquator, wo die Fliehkräfte am grössten sind.

Die Schwerkraft zwischen Erde und Mond führt zusätzlich zu einer Verlängerung der Himmelskörper entlang ihrer Verbindungslinie. Das bekannteste Zeichen dieser Gezeitenkräfte sind Ebbe und Flut. Aber auch die Kontinente reagieren auf die Anziehungskraft des Mondes. Denn die Erde ist kein starrer Körper. In unseren Breiten hebt und senkt sich der Erdboden je nach der Stellung des Mondes um rund 35 Zentimeter. Aus der Erdkugel wird so tendenziell ein Himmelskörper mit der Form eines Rugby-Balls.

Idealer Kreis
Während sich die Form der Erde aus den Fliehkräften und der Anziehungskraft des Mondes erklärt, scheint das bei ihrem Begleiter nicht der Fall zu sein. Selbst wenn die Astronomen in Betracht ziehen, dass der Mond wegen seines festen Kerns und Mantels den Gezeiten weniger nachgibt als die Erde, bleibt das Rätsel ungelöst.

Immerhin wissen die Forscher heute, dass sich der Mond jedes Jahr um 3,8 Zentimeter von der Erde entfernt. Vielleicht hat er also früher eine andere Umlaufbahn eingenommen, auf der ihm die damaligen Flieh- und Gezeitenkräfte die heutige Form aufgezwungen haben.

«Es wäre möglich, dass der Mond, als er noch heiss und teilweise flüssig war, einer Umlaufbahn folgte, die seine heutige Form erklärt», sagt Willy Benz. Auf dieser frühen Bahn hätte sich der Himmelskörper dann verfestigen müssen, um seine heutige unregelmässige Form anzunehmen, die sich auf seiner späteren Reise durchs All erhalten hat. «In seinem festen Zustand verändert sich der Mond selbst in Milliarden Jahren nur noch sehr wenig», sagt Benz.

Wissenschafter des Massachusetts Institute of Technology (MIT) haben nun erstmals eine solche Bahn berechnet. «Unser Modell zeigt, dass der Mond die Erde früher auf einer elliptischen Bahn umrundete», erklärt Ian GerrickBethell. Der Abstand zwischen den beiden Körpern betrug damals nur 25 Erdradien, und der Mond rotierte bei jeder Umrundung der Erde 1,5 Mal um die eigene Achse, glauben die Forscher («Science», Bd. 313, S. 652). Heute folgt er einer fast idealen Kreisbahn in etwa 60 Erdradien Entfernung und dreht sich dabei synchron genau einmal um die eigene Achse. Von der Erde aus sehen wir deswegen immer dieselbe Seite des Mondes.

Für die Geschichte unseres Planetensystems besonders interessant ist der Zeitpunkt, zu dem der Mond der elliptischen Bahn folgte: «Zwischen 100 und 200 Millionen Jahren nach der Entstehung des Mondes», sagt GerrickBethell. Das ist zwar sehr früh in der über 4,5 Milliarden Jahre langen Geschichte des Sonnensystems. Andererseits aber doch so spät, dass der Mond eigentlich längst fest und nicht mehr verformbar hätte sein sollen. «Im frühen Sonnensystem gab es nur eine einzige radioaktive Quelle, die ausreichend Wärme zum Aufschmelzen des Mondes liefern konnte», erklärt Klaus Mezger von der Universität Münster. Dabei handelte es sich um radioaktives Aluminium mit einer Halbwertszeit von 700 000 Jahren. «Schon nach 5 Millionen Jahren ist dieses Isotop praktisch vollständig zerfallen und kommt als Wärmequelle nicht mehr in Frage», sagt Mezger.

Was also kann den Mond 100 bis 200 Millionen Jahre nach seiner Entstehung heiss und flüssig gehalten haben? «Die Energie muss aus einer Kollision von planetaren Körpern stammen», sagt Mezger. Tatsächlich glaubt inzwischen eine Mehrheit der Forscher, dass es im frühen Sonnensystem einen gigantischen Crash zwischen der Erde und einem weiteren, etwa Mars-grossen Planeten gegeben hat. Der Zusammenstoss war 100 bis 1000 Millionen Mal gewaltiger als der Asteroideneinschlag, der viel später zum Aussterben der Dinosaurier führte.

Für die Erde entwickelte sich die apokalyptische Katastrophe zu einem Glücksfall. Denn aus den ins All geschleuderten Trümmern des Crashs bildete sich der Mond. «Etwa ein Drittel der Mondmaterie stammt von der Erde», erklärt Mezger, «die übrigen zwei Drittel von Theia.» Das ist der Name, den Astronomen dem planetaren Unfallgegner der Erde gegeben haben. Theia, der Begriff stammt aus der griechischen Mythologie und bezeichnete dort die Mutter der Mondgöttin Selene, wurde beim Zusammenstoss ausgelöscht. «Rund 10 Prozent der heutigen Erdmaterie stammen ursprünglich von Theia», erklärt Mezger.

Apollo-Mission
Dass sich die Vorgänge tatsächlich so abgespielt haben, konnten Mezger und seine Forscherkollegen von den Universitäten Oxford, Köln und der ETH Zürich erst vor wenigen Monaten bestätigen («Science», Bd. 310. S. 1671). «Wir haben Basaltgesteine untersucht, die von Astronauten der Apollo-Missionen zur Erde zurückgebracht wurden», erklärt Mezger.

Die Mineralogen stellten fest, dass die verschiedenen Gesteine bei ihrer Kristallisation unterschiedliche Mengen des radioaktiven Isotops Hafnium-182 enthalten hatten. Das ist nur möglich, wenn der Mond schon sehr früh in der Geschichte des Sonnensystems entstanden ist. Denn Hafnium-182 hat eine Halbwertszeit von 9 Millionen Jahren. Es war daher nur in der Anfangsphase des Sonnensystem vorhanden. Heute lässt sich seine frühere Existenz nur noch anhand seines Zerfallsprodukts nachweisen. «Die ältesten Festkörper unseres Sonnensystems sind 4,567 Milliarden Jahre alt», sagt Mezger. «Unsere Analyse zeigt, dass der Mond nur rund 40 Millionen Jahre jünger ist. Er ist also etwa 4,527 Milliarden Jahre alt.»

Willy Benz und später auch Robin Canup vom Southwest Research Institute in Colorado haben dieses Szenario in Computersimulationen überprüft. Demnach war die gigantische Kollision ein Streifschuss und kein zentraler Stoss. «Bei einem Frontalcrash hätten sich die ins All geschleuderten Trümmer nicht zum Mond zusammenschliessen können», sagt Benz. Ein solches Ereignis vermutet der Physiker beim Merkur: «Der Planet besteht zu 70 Prozent aus Eisen, die Erde nur zu 30 Prozent. Vermutlich wurde Merkurs Mantel bei einer gigantischen Kollision mit einem anderen Planeten fast vollständig weggesprengt.»

6000 Grad heiss
Gemessen an geologischen Zeiträumen, formierte sich der Mond in kürzester Zeit. Der Crash verformte die kugelförmige Erde in weniger als einer Stunde in einen Himmelskörper, der eher an ein geköpftes Ei erinnert. In fünf Stunden hatte die Schwerkraft die Erde aber schon wieder in eine Kugel verwandelt. Auf ihrer Oberfläche war es durch die enorme Energie allerdings ungemütlich heiss: Auf über 6000 Grad schätzen die Physiker die Temperatur. Aus dem Planeten, der sich an seiner Oberfläche gerade erst verfestigt hatte, war wieder eine glühende Hölle flüssigen Gesteins geworden.

Was vor rund 4,5 Milliarden Jahren genau passierte und wie die Erde durch den Zusammenstoss verändert wurde, ist bisher nicht geklärt. Mit Sicherheit war die Kollision mit Theia für die Geologie der Erde wie auch für die biologische Evolution ein entscheidendes Ereignis eine Art zweiter Urknall. «Theias Einschlag und Schaffung des Mondes stellte die Uhr auf null», sagt der Berner Astrophysiker Willy Benz. Unser Planet war jetzt in den Startlöchern. Und der Mond ebnete den Weg seiner Entwicklung.

Mit einem Massenverhältnis zwischen Mond und Erde von 1 zu 80 ist unser Begleiter eine Ausnahmeerscheinung. Kein anderer Trabant des Sonnensystems ist im Vergleich zu seinem Planeten so schwer. Physikalisch gesehen, sind beide ein Doppelplanet, der um das gemeinsame Zentralgestirn kreist. Erde und Mond sind untrennbar miteinander verbunden, die Entwicklung der Erde wäre ohne ihren Begleiter nicht denkbar.

Dabei muss man noch nicht einmal eine der vielen Mutmassungen bemühen, die dem Mond alle möglichen Einflüsse auf den Menschen unterstellen. Schlaflose Nächte und ein angeblich beschleunigter Haarwuchs fallen darunter genauso wie höhere Verbrechens- und Unfallzahlen in Vollmondnächten. Bewiesen wurden solche folkloristischen Thesen noch nie, und sie sind physikalisch auch nicht plausibel.

Denn der Mond wirkt auf die Erde nur durch seine Schwerkraft und das von seiner Oberfläche reflektierte Sonnenlicht. Wer in Vollmondnächten schlecht schläft, sollte daher zuerst einmal die Vorhänge zuziehen.

Der menschliche Körper jedenfalls ist zu klein, um von der Schwerkraft des Mondes beeinflusst zu werden. Die Erde als Ganzes aber reagiert auf die Kräfte ihres Trabanten. Ebbe und Flut sind die offensichtlichsten Folgen. Früher waren die Gezeitenwechsel sogar mehrere hundert oder tausend Mal stärker als heute, weil der Mond der Erde näher war. Die gewaltigen Strömungen nagten an den Kontinenten und trugen grosse Mengen verwittertes Gesteinsmaterial ins Meer. So bildete sich eine Ursuppe, in der die Evolution starten konnte.

Gleichzeitig bremsten die Gezeiten die Erdrotation. Denn die Erde dreht sich in Richtung Osten, die Flutwelle aber folgt dem Mond nach Westen, so dass sie fortwährend gegen die Kontinente anläuft und so die Erddrehung verlangsamt. An fossilen Korallen aus dem Erdzeitalter Devon lässt sich heute ablesen, dass ein Tag früher nur 22 Stunden dauerte.

Stabile Erdachse
Ohne die Bremswirkung hätte es höher entwickeltes Leben schwer gehabt. Denn je schneller ein Planet rotiert, desto zerstörerischer sind die Stürme in seiner Atmosphäre. Hurrikane wären kein seltenes Ereignis, sondern würden überall auf der Erde zum Alltag gehören.

«Der Mond stabilisiert auch die Rotationsachse der Erde», sagt Willy Benz. Derzeit ist die Achse durch die Pole um 23 Grad geneigt. Ihre grosse Stabilität verleiht uns einen regelmässigen Kreislauf der Jahreszeiten, auf den sich die Natur im Laufe der Evolution eingestellt hat. Wie wichtig das ist, zeigt ein Blick zu unserem Nachbarplaneten Mars, der ohne einen stabilisierenden Begleiter auskommen muss. Höheres Leben konnte sich dort nicht entwickeln. Denn die torkelnde Achse des roten Planeten verhinderte stabile Klimazonen, an die sich das Leben hätte anpassen können.

 

74 Postings, 6685 Tage bearbullkaufe ein Teeeeee o. T.

 
  
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17.08.06 17:50

74 Postings, 6685 Tage bearbullChaos im Sonnensystem

 
  
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18.08.06 08:44
17. August 2006 Im Jahr 1930 hat der amerikanische Astronom Clyde Tombaugh auf Himmelsfotos ein Objekt entdeckt, das wie die bis dahin bekannten Planeten die Sonne umkreist. Es wurde von den Astronomen schließlich als neunter Planet akzeptiert und erhielt den Namen Pluto.


Doch in jüngerer Zeit sind Zweifel an seinem Status aufgekommen. Jenseits der Bahn des Neptuns spürten die Forscher nämlich den sogenannten Kuiper-Gürtel mit vor allem - aber nicht nur - kleineren Objekten auf, von denen 1992 das erste beobachtet wurde. Bald deutete alles darauf hin, daß Pluto nichts anderes als ein Ausreißer aus diesem Gürtel ist. Wahrscheinlich sind einige der Kuiper-Objekte - jedenfalls gilt das für den Kleinplaneten 2003UB313 mit der inoffiziellen Bezeichnung Xena - sogar größer als Pluto. Es stellte sich die Frage, ob Pluto eigentlich zu Recht Planet (statt Kleinplanet) genannt worden ist - oder ob man andernfalls nicht auch Objekte, die sich nur innerhalb des Kuiper-Gürtels um die Sonne bewegen, als Planeten einordnen müßte.

Definition für Begriff „Planet” steht aus

Die Verwirrung ist entstanden, weil der Begriff „Planet” nie definiert worden ist. Das soll nun nachgeholt werden. Schon vor zwei Jahren richtete die Internationale Astronomische Union (IAU) dafür eine Arbeitsgruppe unter Ivan Williams von der Queen Mary University in London ein. Die Gruppe kam aber an einen toten Punkt und gab auf.

In diesem Jahr hat eine zweite Gruppe von sieben Astronomen, Autoren und Historikern unter Owen Gingerich von der Harvard University die Aufgabe übernommen. Ende Juni und Anfang Juli arbeitete diese Gruppe einen Entwurf für eine Definition aus, über die am Donnerstag nachmittag kommender Woche während der Generalversammlung der IAU in Prag nach weiteren Beratungen abgestimmt werden soll. Der Entwurf der Gruppe ist jetzt veröffentlicht worden und unverzüglich bei vielen Astronomen auf heftige Kritik gestoßen. Er erinnert an die neue deutsche Rechtschreibung, weil er eher von bürokratischen Regelungen als von Praxisnähe zeugt.

Zwergplaneten größer als Kleinplaneten?

Der "Entwurf der Resolution 5 für die 26. Generalversammlung: Definition eines Planeten" besteht aus vier Paragraphen und vier Fußnoten, von denen es vor allem die letzteren in sich haben. Ein Planet ist dem Entwurf zufolge ein Himmelskörper, der einen Stern umkreist und weder selbst ein Stern noch der Begleiter ("satellite") eines Planeten - also ein Mond - ist. Ferner muß er so viel Masse aufweisen, daß er durch die Schwerkraft in ein hydrostatisches Gleichgewicht gebracht, das heißt zu einer Art Kugel verformt wurde. Eine Abplattung infolge der Rotation ist zugelassen. Alle Voraussetzungen werden auf jeden Fall von den acht mindestens merkurgroßen Planeten sowie Pluto samt seinem Mond Charon, dem bisherigen Kleinplaneten Ceres sowie Xena erfüllt. Diese zwölf Objekte sollen zunächst fest auf der Liste der Planeten stehen, wobei es zwölf weitere Anwärter gibt, von denen einige wie die Kleinplaneten Pallas und Vesta als eher fragwürdige, andere dagegen wie Sedna und Quaoar als feste Kandidaten gelten.

Dem Entwurf zufolge soll es zwei Planetengruppen geben, die acht "klassischen" Planeten und die "Plutons", die auf stark elliptischen Bahnen die Sonne einmal in mehr als rund 250 Jahren umkreisen. Ceres darf - aber nur inoffiziell - Zwergplanet genannt werden; für die "Nichtplaneten" des Sonnensystems (Kleinplaneten und Kometen) wird der neue und ausschließlich geltende Begriff "Kleine Objekte im Sonnensystem" (Small Solar System Bodies) eingeführt. Weil sich die Astronomen ihre klassische Nomenklatur vermutlich nicht verbieten lassen, könnte es sein, daß demnächst neben den Kleinplaneten die größeren Zwergplaneten auftauchen, was von der Bezeichnung her absurd wäre.

Aus Plutos Mond soll ein Planet werden

Über die Frage, warum Plutos Mond Charon, aber nicht etwa der Mond unserer Erde oder der Saturnmond Titan ein Planet sein soll, gibt die Fußnote 2 Auskunft: weil sich der gemeinsame Schwerpunkt des Systems Pluto/Charon nicht im größeren der beiden Himmelskörper befindet, wie es beim System Erde/Mond der Fall ist. Das leuchtet zumindest jedem ein, der Astronomie studiert hat. Den Laien kann es weniger überzeugen.

Ein Schildbürgerstreich ist es auch, die Definition so zu wählen, daß man bei Pallas und Vesta rund 200 Jahre nach ihrer Entdeckung (1802 beziehungsweise 1807) immer noch nicht sagen kann, ob es denn nun Planeten sind - weil man ihre Form nicht kennt. Eine solche Definition kann nicht sinnvoll sein. Einen schlechteren Vorschlag hätte sich die Arbeitsgruppe kaum ausdenken können.


Zum Bild: Mond Io kreuzt vor der gewaltigen Jupiter-Kugel. Der Gas-Planet eine große Zahl von Monden, immer wieder werden weitere entdeckt (hat auf der Seite noch einige Super Bilder! - http://www.faz.net/s/...3A975F8ECFEA05423~ATpl~Ecommon~Sspezial.html)
 
Angehängte Grafik:
Jupiter_und_Mond_IO.jpg
Jupiter_und_Mond_IO.jpg

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