Die Vorschläge der Hartz-Kommision...
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Eröffnet am: | 25.06.02 18:53 | von: SchwarzerLo. | Anzahl Beiträge: | 37 |
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Partei reagiert auf Vorbehalte gegen Hartz-Vorschläge
Von Richard Meng und Eva Roth
Unter dem Eindruck kritischer Stimmen aus dem Gewerkschaftslager bemüht sich die SPD-Spitze jetzt, Vorbehalten gegen die Ideen der Hartz-Kommission zur Reform des Arbeitsmarkts entgegenzutreten. Die Höhe des Einkommens Arbeitsloser solle nicht generell angetastet und mehr Leiharbeit nicht bundesweit propagiert werden, sagte SPD-Generalsekretär Franz Müntefering am Montag in Berlin.
BERLIN / FRANKFURT A. M., 1. Juli. Nach einer SPD-Präsidiumssitzung erklärte Müntefering, die Idee der Pauschalierung des Arbeitslosengeldes solle hauptsächlich der Entlastung der Bundesanstalt für Arbeit (BA) und nicht der Leistungssenkung dienen. Denkbar seien "mehrere Stufen und Kategorien" von Zahlungen an Arbeitslose, die dann nicht mehr für jeden Einzelnen aufwändig errechnet werden müssten, in der Summe aber doch "ziemlich genau die Höhe des bisherigen Einkommens" treffen sollten.
Der Vorschlag von mehr "sozial gesicherter Leiharbeit" unter der Regie der BA oder privater Agenturen sei nur dort sinnvoll, "wo die Arbeitslosigkeit nicht allzu hoch ist". Bei Arbeitslosenquoten zwischen sechs und zehn Prozent könne es zweckmäßig sein, den Unternehmen Leiharbeiter anzubieten, sagte Müntefering. Bei höherer Arbeitslosigkeit werde das "weniger bringen". Für Regionen mit Arbeitslosenquoten von über 20 Prozent müsse im Regierungsprogramm "noch etwas nachgelegt werden", sagte der Ministerpräsident Brandenburgs, Matthias Platzeck.
In einer Sitzung des SPD-Parteirats - das formal wichtigste Gremium zwischen den Parteitagen - mahnte der Staatssekretär im Arbeitsministerium, Gerd Andres, zu mehr Gelassenheit. Kommissions-Chef Peter Hartz wolle schließlich der rot-grünen Regierung "nicht schaden" und werde deshalb mit Kanzler Gerhard Schröder abstimmen, was genau er vorschlägt. Die Kommission habe noch nicht einmal die Gelegenheit gehabt, über die Vorschläge im Zusammenhang zu beraten. Das Modell einer "Ich-AG" etwa, über die sich Arbeitslose quasi selbstständig machen könnten, werde wahrscheinlich ohnehin "so nicht funktionieren", sagte Andres nach FR-Informationen. Müntefering meinte, er habe vor Debatten mit den Gewerkschaften "keine Sorge". Diese seien "sehr konstruktiv".
Die IG Metall bewertete am Montag zentrale Ideen der Hartz-Kommission grundsätzlich positiv. Den Vorschlag, Jobsuchenden weniger Geld zu gewähren, lehnte IG-Metall-Chef Klaus Zwickel jedoch - wie zuvor der Vorsitzende der Gewerkschaft Verdi, Frank Bsirske - strikt ab: "Wir können nicht von Arbeitslosen mehr Flexibilität fordern und diese Flexibilität dann mit Leistungskürzungen bestrafen", sagte er in Frankfurt. Auch in der zuständigen Projektgruppe der Hartz-Kommission sei man sich am Wochenende einig gewesen, dass Leistungen an Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger nicht gekürzt werden sollten, sagte eine Verdi-Sprecherin.
Die FDP-Führung begrüßte nach Agenturangaben die Hartz-Vorschläge in einer Präsidiumssitzung einstimmig.
Quelle: http://www.frankfurter-rundschau.de/
Kanzlerkandidat der Union präsentiert längst bekannte Konzepte für den Arbeitsmarkt
»Es geht bei dieser Bundestagswahl nicht darum, einfach nur Parteien und Personen auszuwechseln. Es geht um einen grundlegenden politischen Richtungswechsel«, meinten zumindest Edmund Stoiber, Kanzlerkandidat der CSU/CDU, und sein »designierter Wirtschafts- und Arbeitsminister« Lothar Späth (CDU) am Freitag bei der Vorstellung ihres Papiers »Offensive 2002 - Aufschwung für Arbeit« in Berlin. Worin allerdings der Richtungswechsel bestehen soll, blieb ihr Geheimnis. Späth hatte sich Anfang der Neunziger durch den Abbau von 20000 Arbeitsplätzen bei Jenoptik als Arbeitsmarktpolitiker profiliert.
Zuletzt konnte Bundeskanzler Gerhard Schröder die Debatte um den Arbeitsmarkt mit Hilfe der Hartz-Kommission und der tatkräftigen Unterstützung der Gewerkschaftsspitzen für deren Vorschläge bestimmen. Nun versucht die Union den Konter mit ihrem »Stoiber-Späth-Plan«. Der enthält allerdings nicht viel Neues. Nach ausführlicher Beschreibung der »dramatischen Situation Deutschlands« werden hauptsächlich bereits im Wahlprogramm der Union vorgestellte Positionen wiederholt. »Eine Kompakte Offensive für Deutschland« wollen Stoiber und Späth in den ersten Monaten ihrer etwaigen Regierungsverantwortung starten. Heilsbringer soll wie so oft der Mittelstand - »die eine treibende Kraft für Arbeitsplätze« (Späth) - sein. Stoibers Rechnung: 0,1 Prozent mehr mittelständische Betriebe brächten so etwa 100000 neue Arbeitsplätze. Bei einem Prozent wären das schon eine Million, bei zwei Prozent zwei Millionen und so weiter. Auf eine konkrete Arbeitslosenzahl wollte er sich dennoch nicht festlegen. Eine solche »Kaffeesatzleserei« nicht zu betreiben sei »ein Gebot der Ehrlichkeit«, sagte der Unionskandidat. Und überhaupt: »Wir haben schließlich keine Staatswirtschaft. Die Politik kann nur den Rahmen setzen.«
Dem Mittelstand möchten Stoiber und sein »ehemaliger Mittelstands-Ministerpräsident« Späth durch verbesserte Abschreibungsmöglichkeiten auf die Beine helfen. Existenzgründer sollen die erste Steuererklärung für Ertragssteuern erst nach zwei Jahren abgeben müssen. Bei Neugründungen müßten Unternehmen künftig zehn statt einen Prozent ihrer Investitionen von der Steuer absetzen können.
Das »Scheinselbständigkeitsgesetz« soll aufgehoben und der Niedriglohnbereich gefördert werden. Aber: »Wer arbeitet, muß mehr verdienen als der, der nicht arbeitet«, so Stoiber. Folglich sollen, um mehr Leute in Billigarbeit zu zwingen, »die Zumutbarkeitsregeln für Arbeitslose verschärft und die Beweislast umgekehrt« werden. Die Arbeitslosenhilfe müsse »weitgehend auf das Niveau der Sozialhilfe« abgesenkt werden.
Sehr am Herzen liegt dem Bayern neuerdings der Osten Deutschlands. Jeweils eine Milliarde Euro will er dort für kommunale Investitionen und ein Sonderförderprogramm bereitstellen. Für »Existenzgründer« im Osten soll dem Konzept zufolge die Befristung von Arbeitsverhältnissen auf vier Jahre ermöglicht werden. Überhaupt seien noch viele »Verkrustungen am Arbeitsmarkt« zu beseitigen. So sollen die Befristungsmöglichkeiten für Arbeitsverhältnisse sowie Leiharbeit generell erleichtert, »betriebliche Bündnisse für Arbeit« zur Aushebelung der Flächentarifverträge ermöglicht und »die kostentreibenden Teile des Betriebsverfassungsgesetzes« zurückgenommen werden.
Die Debatte über Flexibilisierung und Teilzeitarbeit führt in die Irre
Es gibt nur noch ein Thema im diesjährigen Vor-Sommerloch-Wahlkampf: Wie man Menschen in Arbeit bringt, die es gar nicht gibt. Viele betreiben diese Diskussion richtig ernsthaft. Einige begreifen den Denkfehler und drängen darauf, erst diejenigen Arbeitsplätze zu schaffen, in die dann Erwerbslose vermittelt oder gezwungen werden sollen. Hierbei gibt es mehrere Varianten, abhängig von der jeweiligen Religionszugehörigkeit der Angebots- oder Nachfrageorientierungsfetischisten. Sie reichen von der Behauptung, die Wirtschaft hätte Interesse an der Schaffung von Arbeitsplätzen, wenn sie nur billig und schnell kündbar seien, bis hin zur Hoffnung, durch staatliche Anreize das Wachstum in arbeitsplatzrelevante Höhen zu treiben. Die einen sind schlicht naiv und die anderen ignorant gegenüber jahrzehntelangen wachstumskritischen Diskussionen – und von jobless growth haben sie wohl noch nichts gehört.
Längst ist erkannt, daß der Gesellschaft keinesfalls die Arbeit ausgeht. Die Möglichkeiten zur auch nur existenzsichernden Erwerbsarbeit werden allerdings weniger, und auch das ist nicht neu. Doch muß dies wirklich eine Katastrophe bedeuten?
Einer der wichtigsten Faktoren für die Arbeitslosigkeit ist die kontinuierlich steigende Arbeitsproduktivität - die Arbeitenden beseitigen sich durch ihren Fleiß selbst oder: wir arbeiten immer intelligenter, damit wir weniger arbeiten müssen. Das ist im Prinzip gut so, denn es ermöglicht die einzige und einfache Lösung des Problems Erwerbslosigkeit: Radikale Arbeitszeitverkürzung mit vollem Lohn- und Personalausgleich.
Statt dessen hat sich gleichzeitig mit steigenden Arbeitslosenzahlen die faktische Arbeitszeit durch tariffreie Zonen und massive, oft unbezahlte Überstunden längst wieder verlängert, oftmals hinter den Stand der tariflichen Regelungen der 60er Jahre. Wer einen Job hat, schuftet bis zum Umfallen, und wer keinen hat, ist oft zu jedem Zugeständnis bereit. Dennoch drängen die Unternehmensverbände auf weitere Ausweitung der tariflichen Arbeitszeit oder weitere Öffnungsklauseln. Dieser praktizierten Entgrenzung der Arbeitszeit bei Hochqualifizierten und totalen Flexibilität bei Niedrigqualifizierten kann nur im Verbund tariflicher und gesetzlicher Arbeitszeitbegrenzung begegnet werden.
Dennoch sind ernstgemeinte Vorstöße der Gewerkschaften zur tariflichen Arbeitszeitverkürzung und/oder Änderung des Arbeitszeitgesetzes nicht in Sicht. Zwar gibt es entsprechende Verlautbarungen und Beschlußlagen, doch auf die 1998 von der IG Metall angekündigte Kampagne für die 32-Stunden-Woche warten wir heute noch. Beim diesjährigen DGB-Kongreß setzte der Bundesvorstand auf offensiven Beschäftigungszuwachs – nicht durch Umverteilung der Arbeit, sondern durch Nutzung flexibler Arbeitszeiten, »Employability« sowie auf Wachstum ausgerichtete Geldpolitik. Von Arbeitszeitverkürzung keine Spur! Dies wird deutlich, wenn Umfrageergebnisse zugunsten einer Wochenarbeitszeit von 30 Stunden als ein Ruf nach mehr Teilzeitarbeitsplätzen interpretiert werden, anstatt den Sechs-Stunden-Tag als Normalfall anzustreben.
Es sei nicht die Zeit für kollektive Arbeitszeitregelungen, sondern für individuelle Lösungen, heißt es dann oft. Das verkennt aber, daß die wünschenswerten individuellen Spielräume nur dann durchsetzbar sind, wenn sie auf einer kollektiven und einklagbaren Grundlage bestehen. Es tut natürlich not, die Verfügungsgewalt der Unternehmen über die Lage und Dauer der Arbeitszeit zu beschneiden, denn die schlechten Erfahrungen mit der Flexibilisierung haben der Arbeitszeitverkürzung ihren schlechten Ruf bei den Beschäftigten eingebracht. Versprochener Gewinn an Lebenszeit und Zeitsouveränität wurde verkehrt in Entstandardisierung, Verzicht auf Mehrarbeitszuschläge und Arbeit auf Abruf als eine Variable bei Auftragsschwankungen, die den Abbau von Kernbelegschaften begünstigte. Gerade die zusammen mit der Arbeitszeitverkürzung eingegangene Verbetrieblichung und Individualisierung der Arbeitszeitregelungen hat zur Entgrenzung der Arbeitszeiten für alle beigetragen. Wird also die Arbeitszeitverkürzung keinesfalls als Erhöhung der Lebensqualität erlebt, darf nicht verwundern, wenn den meisten Gewerkschaftsmitgliedern Geld wichtiger ist.
Daran ändern aktuelle Kampagnen nichts. Die »Initiative Neue Qualität der Arbeit« des Bundesarbeitsministeriums will die Interessen von Betrieben und Beschäftigten in Einklang zu bringen, um wettbewerbsfähige Arbeitsplätze mit hochmotivierten, zufriedenen Beschäftigten zu besetzen. Nicht wenige Gewerkschafter beklagen zudem, daß die Unternehmen ihrer Wettbewerbsfähigkeit schaden, weil sie Wohlbefinden und Gesundheit der Beschäftigten als Mittel zum Zweck guter Betriebsergebnisse unterbewerten.
Wer statt Humanisierung zu fordern empfiehlt, Fehlzeitenkosten zu sparen, hat nicht begriffen, daß im Kapitalismus Verbesserungen in Lebens- und Arbeitsbedingungen nur möglich sind, wenn wir sie als Selbstzweck machtvoll fordern. Nach neuesten Studien haben 60 Prozent der Bundesbürger das Gefühl, wegen zu hoher Arbeitsbelastung Partner, Familie und Freunde zu vernachlässigen. An diesen Bedürfnissen muß angeknüpft werden.
Der große Bluff
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Schröder und Stoiber verschreiben Placebos für die Arbeitslosen
von Josef Joffe
Was ist der Unterschied zwischen Aktion und Aktionismus? Fonetisch sind's nur zwei Silben, politisch aber trennt die beiden Wörtchen eine Unendlichkeit. In der Spätphase Schröder, zwei Monate vor der Wahl, ist es der Unterschied zwischen "tun" und "tun, als ob", zwischen Agieren und Gestikulieren. Und dies, während die Wirtschaft siecht wie nie zuvor in der Ära Rot-Grün.
Der Zusammenbruch der Börsen, der freie Fall der T-Aktie, der Ron Sommer den Kopf kostete: Dafür kann die Regierung nichts, ebenso wenig wie für die wundersame Wiedergeburt des Euro. Aber wie sprach doch Gerhard Schröder anno 1998? Wenn es Rot-Grün nicht schaffe, die Zahl der Arbeitslosen auf 3,5 Millionen zu senken, "dann haben wir es nicht verdient, wieder gewählt zu werden". Tatsächlich wuchs das Heer der Arbeitslosen im Juni (saisonbereinigt) auf 4,1 Millionen. Mitten im Sommer stieg die Arbeitslosigkeit zuletzt vor neun Jahren. Im Osten ist sie auf dem höchsten Stand seit der Vereinigung.
Die Tagelöhner vom Arbeitsamt
Und was tut die Regierung? Sie ernennt wie eh und je, wenn Aktionismus die Aktion ersetzen muss, eine Kommission. Und damit es keine bösen Überraschungen gibt, wird sie dem Kanzlerfreund und VW-Vorstand Peter Hartz unterstellt. Die verkündet, obwohl es offiziell erst am 16. August geschehen soll, schon mal wahlkampfgerecht Sensationelles: Vertrauet uns, und wir werden das Heer der Arbeitslosen halbieren. Ist dies der "größte Bluff, den es gibt", wie Kandidat Stoiber ebenso wahlkampfgerecht zurückgibt?
Der "größte" nicht, aber ein halber. Hartz und Co. haben ein Konzept ausgeheckt, das die wirklichen Ursachen der deutschen Arbeitslosigkeit so ängstlich umschleicht wie der Schoßhund die Dänische Dogge. Die Kommission will, verkürzt, nur die Nachfrageseite der Misere bedienen, nicht aber das Angebot an Jobs vermehren. Sie will den Druck auf die Arbeitslosen verschärfen, um sie in den Arbeitsmarkt zu zwingen, aber fast nichts tun, damit die Aufgescheuchten einen Job auch finden. Sie will den Mangel effizienter verwalten. Stoibers Wirtschaftsguru Lothar Späth hat Recht: "Das Hauptproblem ist nicht die Vermittlung von Arbeitslosen, sondern der Mangel an Arbeitsplätzen."
Denn: Was nützen die Anreize, wenn die Arbeit fehlt? Es mag ja sein, dass der "Drückeberger" schneller in den Arbeitsmarkt zurückstrebt, wenn er bloß eine Pauschale statt einer akribisch ausgetüftelten Gegenleistung für bereits eingezahlte Beiträge erhält. Wenn er sich schon innerhalb der Kündigungsfrist beim Arbeitsamt melden muss. Wenn das Arbeitslosengeld nur befristet gezahlt und dann durch Sozialgeld ersetzt wird. Wenn's aber die passenden Jobs nicht gibt?
Der Angebotsseite, also den Tabus, die in Deutschland für die systematische Verknappung von Arbeit sorgen, nähern sich die Hartzianer wie der besagte Schoßhund, der allenfalls verklemmt knurrt, aber nicht beißt. Zum Beispiel beim stetig verfestigten Kündigungsschutz, der auch in besten Zeiten für Unterbeschäftigung sorgt, weil Entlassungen in schlechten Zeiten so schwierig wie teuer sind. Hier greift Hartz zum Hattrick: Die Arbeitsämter mögen sich zu staatlichen Leiharbeitsfirmen mausern, die Arbeitskräfte kostenlos auf Probe oder zu einem noch auszuhandelnden (niedrigen) Leihtarif andienen. Wunderbar! So sinken die Löhne, so fällt der Kündigungsschutz, weil die neuen Tagelöhner jederzeit ins Arbeitsamt (mittlerweile zur "Personal-Service-Agentur" geadelt) zurückspediert werden können. Eine Milchmädchenrechnung. Die Gewerkschaften, denen Schröder so viele Freundschaftsdienste erwiesen hat, werden einen Teufel tun und einen niedrigeren Leiharbeitstarif akzeptieren. Und wenn doch? Dann werden sich die Bosse an diesem subventionierten Trog hemmungslos laben und dabei "echte" Arbeitsplätze abbauen.
Außerdem: Vater Staat als Arbeitgeber der letzten Instanz? Wie prächtig er dieses Metier beherrscht, zeigte Schröder in der Affäre Ron Sommer. Die T-Aktie ist um 90 Prozent gefallen? Dann weg mit ihm! Und drei Millionen wütender Kleinaktionäre in die Arme der SPD! Hat Schröder aber vergessen, dass er selbst dem Geschassten den Verkauf des Kabelnetzes verboten hatte, mit dem dieser 67 Milliarden an Schulden wenigstens teilweise verringern wollte? War ein Staatssekretär der beste Headhunter für Ron II.? Wie den Richtigen für den Job keilen, wenn der Nächste nicht dem Kapitalmarkt, sondern dem Kanzleramt gefallen muss? Dass Schröder dabei in die Populismusfalle von Stoiber gelaufen ist, macht den Aktionismus nicht besser. Ein Kanzler eignet sich nicht zum Vorstandschef der Nation. Weder bei Holzmann noch bei der Telekom.
Kann's der Stoiber-Edi, wie sie ihn in Bayern nennen, besser? Für seinen Kompetenzler Späth, der in seinem Herzen so manche Idee zur Flexibilisierung der Arbeitsmärkte herumträgt, gilt das Karl-Valentin-Wort: "Wollen tät' er schon, nur dürfen traut er sich nicht." Denn Stoiber ist Schröders Bruder im Geiste: ein Etatist, der dem Markt misstraut, der wähnt, dass der Staat just die Jobs schaffen kann, die dieser schon in Kohls Zeiten durch ein immer dichteres Geflecht von Hemmnissen vernichtet hat. Gebt mir zehn Milliarden Euro, lautet des Kandidaten Verheißung in dem Anti-Hartz-Papier Offensive 2002, und ich werde euch 900 000 oder gar 1,7 Millionen Stellen schenken. Doch auch er will keine "amerikanischen Verhältnisse", wie das probate Knüppelargument lautet. Und wie er die steigenden Lohnnebenkosten (derzeit 41,3 Prozent) ebenso wie den Höchststeuersatz auf 40 Prozent drücken will, das verrät er nicht.
Verbannung in die "Stütze"
Dabei kennen wir die Rezepte. "Arbeit ist in Deutschland zu teuer", lautet das lapidare Fazit des SPD-Mitglieds Florian Gerster, des Chefs der Bundesanstalt für Arbeit. Hans-Werner Sinn, Präsident des ifo-Instituts, macht diese Rechnung auf: "Die realen Lohnkosten im verarbeitenden Gewerbe sind in den letzten 20 Jahren in Westdeutschland um 40 Prozent gestiegen." In Holland um rund 20, in Amerika um 8 Prozent. Dagegen stehe die Zahl der Beschäftigtenstunden: In Amerika ein Plus von 40 Prozent, in Holland von 20 Prozent. Und in Westdeutschland? Ein Minus von 5 Prozent. Die OECD rügt die hohen Lohnnebenkosten: Deutschland befindet sich mit Dänemark und Belgien unter den Top drei. Die Folge? Dieses Trio zeigte 2001 die niedrigsten Wachstumsraten: 0,6, 0,9, 1,0 Prozent.
Die EU-Kommission drückt es so aus: Es sind "Lohnstrukturen zu schaffen, die Produktivitätsunterschiede getreulich abbilden". Auf Deutsch: Am Standort D ist der Preis der Arbeit just dort zu hoch, wo Niedrigqualifizierte zuhauf in die "Stütze" und Sozialhilfe verbannt werden. Aus dieser Falle kann sie auch Hartz mit seiner "Personal-Service-Agentur" nicht befreien. Ist das wirklich "soziale Gerechtigkeit"?
Freilich wird weder Schröder noch Stoiber dem Wahlvolk die bittere Wahrheit sagen. So wie Deutschland sich unter Schwarz-Gelb und Rot-Grün verfasst hat -, und in einfacheren Zeiten auch sehr gut gefahren ist - gibt es nur zwei Hoffnungen. Die eine setzt auf das Ende einer mörderischen Rezession, die zum ersten Mal seit 1974 alle drei großen Wirtschaften, USA, EU, Japan, in den Klauen hält - nach der deutschen Faustregel: Erst bei zwei Prozent Wachstum schmilzt auch die Arbeitslosigkeit. Die zweite Hoffnung wäre die Ironie aller Ironien. Schröder oder Stoiber - um des Wahlsieges willen lügen sie beide. Ist aber der eine oder der andere erst Kanzler, folgen auf Hartz und Hattricks echte, schmerzhafte Reformen, weil es anders nicht mehr geht. Das wäre freilich mehr als die Wahrheit. Es wäre ein Wunder.
http://www.zeit.de/2002/30/Politik/200230_01__leit_1.html
Investigativer Journalismus ist also das Aufarbeiten von Artikeln anderer Zeitungen der letzten drei Jahre? Respeckt ... mit Speck.
Nach über 10 Jahren J.J.-Artikeln kann ich nur sagen: wenn der Mann was schreibt, analysiert oder denkt: es kommt das Gegenteil.
Die Hartz-Kommission gerät knapp einen Monat vor der Vorlage ihres Reformkonzeptes für den Arbeitsmarkt immer mehr unter Beschuss. Vor allem die Wirtschaft meldete am Wochenende Kritik an und warnte vor einer Verwässerung der Reformvorschläge. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) wies dies zurück. "Jetzt über Einzelheiten zu reden, auf der Grundlage von Gerüchten und von lancierten Informationen, das ist doch unseriös", sagte er im ZDF. Zugleich drangen neue angebliche Pläne nach außen.
http://t-news.t-online.de/zone/news/inla/inne/ar/...n-diskussion.html
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Hartz-Kommission ringt um Ergebnisse
hih BERLIN, 23. Juli. Auch drei Wochen vor der geplanten Präsentation ihres Abschlussberichtes ist die Regierungskommission zur Reform des Arbeitsmarktes noch nicht in der Lage, greifbare Ergebnisse ihrer Arbeit zu präsentieren. In zentralen Punkten wie etwa der Anhebung der Grenze für Billigjobs von 325 auf 500 Euro und bei angedachten Leistungskürzungen gab es bei einem Treffen am Dienstag in Berlin nach den Worten von Verdi-Vorstandsmitglied Isolde Kunkel-Weber "noch einigen Gesprächsbedarf". Aus diesem Grund sei für den 31. Juli eine Sondersitzung des Gremiums, das unter dem Vorsitz von VW-Manager Peter Hartz tagt, eingesetzt worden. Auch die für den 8. August geplante Abschlusssitzung wurde um einen Tag verlängert.
Trotz bestehender Meinungsverschiedenheiten meinte Kunkel-Weber, es sei zu früh, um Details wie etwa die Anhebung der Grenze für gering entlohnte Beschäftigte zu bewerten. Insgesamt nannte sie die Gesprächsatmosphäre "konstruktiv". Der Kommissionsvorsitzende Hartz sagte im Anschluss an die Sitzung, es gebe "Punkte, von denen wir eingesehen haben, dass sie nichts bringen". Insbesondere die geplante Neuregelung für gering entlohnte Jobs war in der Kommission und im Regierungslager kritisiert worden.
Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD), der an dem Treffen am Dienstag teilgenommen hatte, erwartet von dem Gremium am 16. August die Vorlage eines im Konsens erarbeiteten Abschlussberichtes. Damit, so Schröder, könne die Regierung eine "neue Ordnung auf dem Arbeitsmarkt schaffen". Vor Journalisten in Berlin sagte er, "die Richtung stimmt wirklich". Auf Details der Reformpläne wolle er nicht eingehen; er sei "sicher, dass wir die Zustimmung der Gremien von Partei und Fraktion erhalten werden". Die SPD will am 18. August über die Vorschläge diskutieren. Anschließend soll umgehend mit der Umsetzung begonnen werden.
Der Kanzlerkandidat der Union, Edmund Stoiber (CSU) nannte mit Blick auf die angedachte Förderung von Niedriglohnmodellen die bisher bekannt gewordenen Vorschläge von Hartz "eine radikale Absage an die Politik von vier Jahren Schröder". Weiterer Bericht Wirtschaft
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Copyright © Frankfurter Rundschau 2002
Dokument erstellt am 24.07.2002 um 09:10:42 Uhr
Erscheinungsdatum 24.07.2002
Hartz-Kommission ist sich einig
Die Hartz-Kommission hat sich doch noch auf gemeinsame Vorschläge zur Reform des Arbeitsmarktes geeinigt. Bis 2005 soll sich die Zahl der Arbeitslosen um zwei Millionen reduzieren.
VW-Vorstandsmitglied Peter Hartz
Der Leiter der Kommission, der VW-Manager Peter Hartz, bekräftigte nach Abschluss der Beratungen am Freitag in Berlin das Ziel, in den kommenden drei Jahren die Zahl der Arbeitslosen um zwei Millionen zu reduzieren. "Heute ist ein schöner Tag für die Arbeitslosen in Deutschland. Wir haben in der Kommission einstimmig alle Eckpunkte beschlossen", sagte Hartz. Das Konzept sei "ein neuer Aufbruch".
Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) lobte, der Kommission sei mit ihrem einstimmigen Votum "ein wirklich großer Wurf gelungen". Er sagte am Abend, das Kabinett wolle die Vorschläge bereits am Mittwoch verabschieden. Leipzigs Oberbürgermeister Wolfgang Tiefensee (SPD) sagte, Arbeitslose, die nicht die geforderten Gegenleistungen erbrächten, müssten mit Einschnitten rechnen. Die Zumutbarkeitsregeln zur Annahme einer Stelle sollen dabei deutlich verschärft werden.
Pauschale Kürzungen verworfen
"Es gab ein einstimmiges Votum", sagte der Generalsekretär des Zentralverbands des Deutschen Handwerks, Hanns-Eberhard Schleyer, zum Abschlussbericht des Gremiums. Er hoffe, dass die Regierung die Vorschläge zügig umsetzen werde. "Es wird eine ganze Reihe von individuellen Kürzungsmöglichkeiten (bei Arbeitslosen) geben", sagte Schleyer weiter. Falls die individuellen Kürzungen nicht ausreichten, müsse später auch über pauschale Kürzungen noch einmal nachgedacht werden. Ursprünglich waren auch pauschale Kürzungen für alle Arbeitslose in Erwägung gezogen, später jedoch verworfen worden.
Der so genannte "Job Floater", eine auf dem Kapitalmarkt zu finanzierende Anleihe für Arbeitsplätze in strukturschwachen Regionen, könnte nach Angaben eines Kommissionsmitglieds statt 150 nur rund 20 Mrd. Euro umfassen. Als weitere Reform sollen die Sozialbeiträge für Niedriglohnjobs bis 500 Euro pauschal auf zehn Prozent von bislang 22 Prozent gesenkt werden. Die Regelung ist jedoch auf haushaltsnahe Berufe beschränkt.
Umsetzung soll 2005 geprüft werden
Leipzigs Oberbürgermeister Wolfgang Tiefensee (SPD) sagte zudem, die Kommission habe vereinbart, die Umsetzung der Vorschläge Ende Juni 2005 kritisch zu prüfen. Sollte bis dahin die Zahl der Arbeitslosen nicht signifikant gesunken sein, "dann wird zu entscheiden sein, dass Paket wieder aufzumachen." Auch pauschale Leistungskürzungen für die Arbeitslosen seien dann nicht ausgeschlossen. Einen Automatismus gebe es hier aber nicht. Er gehe davon aus, mit dem jetzigen Konzept die Zahl der Erwerbslosen deutlich zu senken.
Das Konzept sehe auch vor, dass die Vermittler in den Arbeitsämtern vor Ort deutlich mehr Eigenverantwortung bekommen. Die Organisation der Bundesanstalt für Arbeit soll rationalisiert und das dort eingesparte Geld zur Vermittlung eingesetzt werden. Die Zahl der Vermittler könnte sich damit kräftig erhöhen. Die Halbierung der Arbeitslosigkeit in den nächsten drei Jahren bezeichnete er als ein realistisches und gut durchgerechnetes Ziel.
Keine zusätzlichen Kosten
Hartz, der am Freitag seinen 61. Geburtstag feierte, hatte vor der Sitzung am Morgen bestätigt, er wolle ein neues Förderprogramm zur Ausbildung von Jugendlichen durchsetzen. Dies solle jedoch nicht mit zusätzlichen Kosten für die Bürger verbunden sein. Die "Frankfurter Rundschau" hatte zuvor unter Berufung auf ein Konzeptpapier berichtet, jeder Haushalt solle hierfür 100 Euro zur Anschubfinanzierung zahlen. Darüber hinaus berichtete das Blatt, Hartz wolle nun doch das Arbeitslosengeld für Langzeiterwerbslose kürzen. Es solle während des Bezugs nicht mehr an die Bruttolohnsteigerungen angepasst werden.
Diverse andere Diskussionsvorschläge waren bereits im Verlauf der Beratungen an die Öffentlichkeit gelangt. Hartz hatte unter anderem eine Ausweitung der Zeitarbeit, die Förderung von Existenzgründungen durch so genannte Ich-AGs und ein milliardenschweres Investitionsprogramm für strukturschwache Regionen vorgeschlagen.
Kanzler Schröder hatte am Vormittag Reformen auch gegen den Widerstand von Interessengruppen angekündigt und bekräftigt, das Konzept werde voll umgesetzt. "Ich bin fest entschlossen, das, was Hartz vorschlägt, als ganzheitliches Konzept anzusehen und es als solches durchzusetzen", sagte er in Berlin.
Verdi sieht dramatische Lage auf dem Lehrstellenmarkt
Nach Einschätzung der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi ist die Lage auf dem Lehrstellenmarkt dramatischer als bisher angenommen. Während die Bundesanstalt für Arbeit von rund 100.000 fehlenden Ausbildungsplätzen ausgeht, rechnet die stellvertretende Verdi-Vorsitzende Margret Mönig-Raane mit einer doppelt so hohen Zahl. "Stichproben zeigen: In Deutschland fehlen über 200.000 Ausbildungsplätze", sagte die Gewerkschafterin der "Bild"-Zeitung. Sie warf der Wirtschaft vor, zu wenig für eine Entschärfung der Krise zu tun.
Schröder hatte die Kommission vor fünf Monaten unter Leitung des Volkswagen-Vorstands einberufen, um Vorschläge zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit zu entwickeln. Uneinigkeit gab es unter den 15 Kommissionsmitgliedern aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gewerkschaften vor allem über kollektive Kürzungen für Arbeitslose und die Ausweitung des Niedriglohnsektors.
© 2002 Financial Times Deutschland , © Illustrationen: AP, bundestag.de
Quelle: http://www.ftd.de/pw/de/1028720500302.html?nv=hptn
Seit Jahrzehnten verstoßen die jeweiligen Bundesregierungen dagegen.
Jetzt wird eine Kommision gebildet, die keine Arbeit schafft,sondern deren einzige Aufgabe darin besteht, Arbeitslosenzahlen zu schönen und den Leuten die arbeiten wollen, aber keine bekommen, das letzte Geld auch noch aus der Tasche zu ziehen.
Wären die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung nicht Jahrzente zweckentfremdet worden, wäre auch heute noch genug Geld in der Kasse.
Dies gilt in besonderem Maße auch für die Rentenversicherung. Diese Kasse wurde noch mehr geplündert. Doch dieses nur am Rande.
Erste Proteste in Berlin auf dem Gendarmenmarkt gegen das Hartz-Papier
Von Larissa Schulz-Trieglaff und Velten Schäfer
Während VW-Personalchef Peter Hartz gestern mit seiner 15-köpfigen Kommission vor die Presse trat, kam es zu ersten Protestdemonstrationen. Denn das Hartz-Konzept besteht aus Zuckerbrot und Peitsche: Einerseits soll mit 13 Innovationsmodulen die Arbeitsvermittlung effektiver gestaltet werden. Andererseits wird ein stärkerer Druck auf die Arbeitslosen ausgeübt. Hier einige Beispiele.
Den Gekündigten gar nicht erst zum Arbeitslosen werden zu lassen, ist das Ziel der so genannten Quick-Vermittlung, des Moduls 2. Wer also gekündigt wird, soll sich sofort auf die Socken machen, Zeitungen mit Stellenanzeigen wälzen, die Jobsuchmaschinen im Internet betätigen, die neue, innovative Quick-Vermittlung aufsuchen, Bewerbungsmappen erstellen und losschicken. »Wer nicht mitmacht, muss die Konsequenzen tragen«, drohte Peter Hartz im Kanzleramt, als er Gerhard Schröder und der Presse die Ergebnisse der Verhandlungen erläuterte. Die Konsequenzen bedeuten: Abzüge bei den Hilfeleistungen.
Modul 3: Den Arbeitslosen soll mehr zugemutet werden. »Ohne Leistung keine Gegenleistung«, sagte Hartz trocken. Die Zumutbarkeit wird nach geografischen, materiellen, funktionalen und soziale Kriterien neu definiert. Freiwilligkeit und Pflicht lauten die Schlagworte. Deutlich gesagt wird, welches Maß an Mobilität künftig erwünscht ist. »Nach spätestens drei Monaten der Arbeitslosigkeit kann einem jungen und ungebundenen Arbeitslosen auch ein Umzug zugemutet werden, um den Bezug des Arbeitslosengeldes zu beenden«, sagt das original 343Seiten starke Hartz-Papier. Aber auch bei anderen Leistungsbeziehern erhöhe sich die von ihnen erwartete Mobilität mit steigender Bezugsdauer. Pendeln könne von allen verlangt werden, hat die Kommission beschlossen. An dieser Stelle kommen auch wieder die Mobilitätsprämien ins Spiel, die zum Wegzug motivieren sollen. Diese Vorschläge stoßen allerorten auf Kritik: Von den Arbeitssuchenden wird ein hohes Maß an Flexibilität verlangt. Doch was ist mit jenen, die nicht verheiratet sind und trotzdem nicht wegziehen wollen, weil sie ihren Freundes- und Bekanntenkreis nicht aufgeben wollen? Die Lage des Stellenmarktes soll künftig die Variable Nummer Eins im Leben eines Jobsuchenden sein. Und wer nicht mitzieht, wird abgestraft, sagen die Kritiker.
Unter Zumutbarkeit fällt zudem, dass Arbeitslose dazu gezwungen werden sollen, Jobs anzunehmen, in denen sie weniger verdienen als bei ihrer letzten Stelle. Dazu zählt auch, dass ein Jobsuchender eine Stelle annehmen soll, die unter seiner Qualifikation liegt oder die eine Statusminderung bedeutet. Die Vermittlungsbemühungen würden sich erheblich ausweiten, unter diesen Bedingungen sei auch eine Tätigkeit in Zeitarbeit zumutbar oder in einer Personal-Service-Agentur. Der Ausbau der Zeitarbeit (Modul 8) sowie des Niedriglohn-Sektors ist ein weiterer Punkt, der auf Kritik stößt, da keine sicheren Arbeitsplätze geschaffen werden, sondern nur Übergangslösungen, die die Misere auf dem Arbeitsmarkt kaschieren.
Proteste gegen die Hartz-Vorschläge in Berlin
Daher kam es gestern in Berlin während der Übergabe des Hartz-Berichts an den Kanzler und der sich anschließenden Feierlichkeiten zu mehreren Protestdemos. Unter dem Motto »Umverteilen statt Hartzinfarkt« protestierten etwa 150 Vertreter von Erwerbslosengruppen, Gewerkschaftsjugend und PDS auf dem Berliner Gendarmenmarkt gegen die Vorschläge der Kommission.
»Arbeitslosigkeit ist kein individuelles, sondern ein gesellschaftliches Problem«, sagte Marion Drögsler vom Arbeitslosenverband Deutschland auf der Kundgebung. Generell neige die Kommission zur »Disziplinierung und Bestrafung von Arbeitslosen«. Besonders allein stehende Erwerbslose, über die künftig fast nach Belieben disponiert werden könne, müssten sich auf harte Zeiten einstellen.
Es sei absurd, wenn ein lediger Bäcker aus Schwerin für eine befristete Stelle nach München ziehen solle, erläuterte die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der PDS-Landtagsfraktion in Brandenburg, Esther Schröder. Offenbar müsse das im Grundgesetz verankerte Recht auf freie Wahl des Berufs und des Wohnortes gegen die Kommission verteidigt werden. Dass fehlende Mobilität gerade für die Jugendlichen nicht das vordringliche Problem sein könne, betonte für den DGB Berlin-Brandenburg dessen Landesjugendsekretär Daniel Wucherpfennig. Schon jetzt ziehe jeder vierte ostdeutsche Jugendliche einem Job oder einem Ausbildungsplatz hinterher. Wucherpfennig kritisierte weiterhin vor allem die für den Jugend- und Ausbildungsbereich geplanten Maßnahmen. Wer nicht die Unternehmen, sondern die Familien zur Finanzierung der Ausbildung heranziehen wolle, falle in die Zeit des Lehrgeldes zurück, sagte er und unterstrich die gewerkschaftliche Forderung nach einer Umlagefinanzierung von Ausbildungsplätzen.
Esther Schröder erinnerte daran, dass in den Verhandlungen der Hartz-Kommission alternative Überlegungen, die real Arbeitsplätze schaffen – so der Abbau von Überstunden und die Verkürzung von Wochen- und Lebensarbeitszeit – eine Rolle gespielt habe. Auch Wirtschaftswachstum allein werde in Zukunft nicht zum Abbau von Arbeitslosigkeit führen, sagte sie. Von Zahlen dürfe man sich auf dem Arbeitsmarkt ohnehin nicht blenden lassen. Vielmehr sei es nötig, die Qualität der angebotenen Arbeitsplätze zu kontrollieren. In Brandenburg habe sie zahlreiche »sittenwidrige« Stellenausschreibungen als offizielle Angebote des Arbeitsamtes gefunden, so Schröder: Zum Beispiel ein Stundenlohn von 3,50 Euro für einen Gartenhelfer oder gar 2 Euro für eine Aushilfe in der Gastronomie.
Riester treibt Umsetzung der Hartz-Vorschläge voran
Von Maike Rademaker und Mark Schieritz Berlin
Arbeitsmarktexperten der SPD und der Grünen sind sich einig, dass alle Vorschläge der Hartz-Kommission umgesetzt werden sollen. "Der Koalitionsantrag von vor der Wahl gilt", sagte der sozialpolitische Sprecher der SPD, Klaus Brandner, der FTD.
"Es müssen noch Details geklärt werden. Aber es sollten keine Vorschläge herausgenommen werden", meinte auch die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Grünen, Thea Dückert. Bundesarbeitsminister Walter Riester will noch im Oktober den Fraktionen erste Gesetzesentwürfe für die Umsetzung zusenden.
Die neue Regierung versucht, durch die schnelle Umsetzung der Hartz-Vorschläge ein Gegengewicht zu den Diskussionen um die Steuererhöhungen aufzubauen. Da in der Hartz-Kommission Vertreter von Arbeitnehmern und Arbeitgebern saßen, dürfte Rot-Grün mit einigen Vorschlägen auch im Bundesrat glatt durchkommen. Andere aber treffen weiterhin auf Protest - bei der Opposition, aber auch bei den Gewerkschaften.
Deswegen hält es Brandner auch nicht für sicher, dass für das gesamte Konzept die gesetzlichen Vorlagen bis zum 1. Januar 2003 fertiggestellt sind. "Das muss systematisch erarbeitet werden", sagte er.
Die Koalition, heißt es, könnte versuchen, zunächst die Vorhaben durchzuführen, die keine Zustimmung im Bundesrat brauchen. Dazu zählen die Reform der Zeitarbeit - das Kernstück der Vorschläge - und die Regeln für mehr befristete Beschäftigungsverhältnisse für ältere Arbeitnehmer.
"Ich-AG" stösst auf Widerstand
Für andere Projekte wie die "Ich-AG", mit denen Arbeitslose sich selbstständig machen können, kündigte die Opposition eine Blockade an. "Die Bundesländer werden nicht alles mitmachen, was Herr Hartz erfunden hat", hatte Hessens Ministerpräsident Roland Koch gesagt.
Den Arbeitgebern könnte eine solche Position missfallen. Hanns-Eberhard Schleyer, Generalsekretär des Zentralverbands des deutschen Handwerks, der selbst in der Kommission saß, wünscht sich nämlich eine rasche und komplette Umsetzung der Hartz-Vorschläge.
Inhaltlich gibt es in der Koalition kaum Probleme. "Es geht um ein geschlossenes Reformklima", sagte Dückert. Die Grünen möchten im Koalitionsvertrag aber immer noch aufnehmen lassen, dass es die "Mini-Jobs" nicht nur im haushaltsnahen Bereich geben soll. "Eine Prüfung und mögliche Öffnung auch für andere Wirtschaftsbereiche sollte vereinbar sein", sagte Dückert. Dagegen - und gegen mindestens zwei weitere Vorschläge - sind allerdings die Gewerkschaften. Eine Ausweitung dieser Jobs, bei denen die Geringfügigkeitsgrenze bis 500 Euro angehoben werden soll, sei ein Einstieg in eine Ausweitung des Niedriglohnsektors, fürchten sie.
Bei den Koalitionsverhandlungen steht das Thema Arbeit am Mittwoch dieser Woche auf der Tagesordnung. Nächste Woche stellt die Bundesanstalt für Arbeit dann wieder die Arbeitslosenzahlen vor. Für September könnte die unbereinigte Zahl laut "Bild" um 50.000 auf 3,97 Millionen Arbeitslose sinken. Eine Besserung ist das nicht, sondern saisonal durchaus üblich. "Das neue Lehrjahr beginnt und die Werksferien gehen zu Ende. Dies drückt die Arbeitslosenquote", sagte Andreas Scheuerle, Experte für deutsche Konjunktur bei der Deka-Bank
Saisonbereinigt dürfte die Arbeitslosenquote seiner Einschätzung nach im September erneut steigen. "Der Arbeitsmarkt bleibt auch in den kommenden Monaten schwach, erst im Frühjahr ist mit einer größeren Dynamik zu rechen."
Quelle: http://www.ftd.de/sp/ak/1033157433688.html?nv=hpm
dri BERLIN. Hartz II ist das Gesetz, in dem die Minijobs und die erleichterte Existenzgründung von Ein-Mann-Betrieben (Ich AG) geregelt werden. Ihm muss der Bundesrat zustimmen. Hartz I regelt die Leiharbeit, mit der Arbeitslose schneller wieder einen Job finden sollen, indem sie Mitarbeiter einer Personal-Serviceagentur (PSA) werden. Bei diesem Teil der Hartz-Gesetze wird es nach Einschätzung von Stewens wohl nicht zu einem Kompromiss kommen. Das Gesetz würde dann aber wohl trotzdem im Bundestag mit Kanzlermehrheit verabschiedet werden. "Die Wirtschaft braucht die Verbesserungen bei den Minijobs, deshalb werden wir uns einem Kompromiss nicht verschließen", sagte Stewens. Umstritten ist bei der Ich AG noch, wie stark das Scheinselbständigkeitsgesetz geändert wird: Die Unionsseite will eine komplette Abschaffung erreichen, worauf sich die SPD aber wohl nicht einlassen wird. Nach Handelsblatt- Informationen gibt es Verhandlungen darüber, die Vermutungsregeln, ab wann ein Subunternehmer ein Scheinselbstständiger ist, aufzuweichen. Verständigt haben sich beide Seiten schon darauf, dass nicht nur Arbeitslose, sondern jeder eine Ich AG gründen kann und dabei vom Staat unterstützt wird. Bei den Minijobs ist der Kompromiss bereits fast fertig, wie es auf SPD- und Unionsseite heißt. Die bisherigen 325-Euro-Jobs werden bis 400 Euro ausgeweitet. Der Arbeitgeber zahlt pauschal eine 25 %-Abgabe an eine zentrale Einzugsstelle – vermutlich die Landesversicherungsanstalten. Diese leiten 10 % an die Rentenversicherung, 10 % an die Krankenversicherung und 5 % Steuern weiter. Bei der Rentenversicherung sollen nach wie vor individuelle Rentenansprüche entstehen; auch die Möglichkeit der Aufstockung auf den vollen Rentenversicherungsbeitrag durch den Arbeitnehmer soll erhalten bleiben. Oberhalb von 400 Euro entsteht ein neuer Niedriglohnbereich bis 800 Euro. Hier zahlt der Arbeitgeber 21 % an die Sozialversicherungen. Der Arbeitnehmer befindet sich mit seinen Sozialbeiträgen in einer Gleitzone, in der sie von 0 auf 21 % ansteigen. Ansonsten werden diese Niedriglöhne normal besteuert. Hinzu kommt die Wahlmöglichkeit einer Pauschalsteuer von 30 % oder die Vorlage einer Steuerkarte. "Es kann nicht mehr passieren, dass man mit einem höheren Arbeitseinkommen als 400 Euro netto weniger verdient", sagte Klaus Brandtner, arbeitsmarktpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion. Auch bei der haushaltsnahen Beschäftigung herrscht weitgehend Einigkeit: Hier beträgt die Arbeitnehmerpauschale 12 % (5 % Renten-, 5 % Krankenversicherung und 2 % Steuern). Noch offen ist die steuerliche Absetzbarkeit dieser Minijobs. Clements Vorschlag liege bei 480 Euro pro Jahr, ist aus Verhandlungskreisen zu hören. Bei Einschaltung einer Dienstleistungsagentur sollen bis zu 600 Euro jährlich absetzbar sein. Die Union fordert, dass Privatleute auch die Gehälter sozialversicherungspflichtiger Hausangestellter oberhalb der Minijob-Grenzen steuerlich absetzen können. Die SPD soll Entgegenkommen signalisiert haben. Kritik an dem Minijob-Kompromiss kam am Wochenende von Gewerkschaftern. IG-Bau-Chef Klaus Wiesehügel beklagte, dass geringfügige Beschäftigungen wieder als Nebenjob ausgeübt werden dürften. Dies sei ein Anreiz für Unternehmen, Überstunden über Zeitarbeitsverhältnisse abzuwickeln. Das, so Wiesehügel, gehe zu Lasten der Sozialkassen. DE Beschäftigungspolitik Zeitarbeit NN Clement, Wolfgang Stewens, Christa CN 4EUGE
Quelle: http://www.handelsblatt.com/hbiwwwangebot/fn/.../0/depot/0/index.html
Frank Jäger von BAG Sozialhilfeinitiativen bemängelt Verhalten der Gewerkschaften
Nach der Einigung mit der Union wurden Ende letzter Woche im Eiltempo noch die Hartz-Gesetze zur Arbeitsmarktreform verabschiedet. Diese treten größtenteils zum 1. Januar, teilweise aber auch erst im Frühjahr in Kraft.
Über die Reform und den sich formierenden Widerstand dagegen sprach ND-Mitarbeiter Thomas Klein mit Frank Jäger, er ist Geschäftsführer der Bundesarbeitsgemeinschaft der Sozialhilfeinitiativen (BAG SHI), Frankfurt (Main). Die BAG entstand 1991 aus einem losen Zusammenschluss von Sozialhilfeinitiativen im Bundesgebiet.
ND: Die von Bundestag und Bundesrat verabschiedeten Gesetze zur Reform des Arbeitsmarktes sehen einen massiven Ausbau der Leiharbeit aus. Was bedeutet das in der Praxis?
Jäger: Wenn, wie von Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) angestrebt, der Anteil der Leiharbeit um das Zehnfache erhöht wird, kämen wir auf weit über 3 Millionen Arbeitnehmer in dieser Branche. Es ist abzusehen, dass es zu einem drastischen Abbau von Normalarbeitsverhältnissen kommt, weil diese Arbeitsplätze durch billigere und flexiblere Leiharbeiter ersetzt werden können. Der Druck auf Arbeitnehmer gerade im unteren Bereich des Arbeitsmarktes würde dadurch erhöht. Arbeitslose, die unter Androhung von Sperrzeiten oder Leistungskürzungen gezwungen sind, Leiharbeit anzunehmen, werden gegen die Noch-Erwerbstätigen ausgespielt und drücken so das gesamte Lohnniveau. Lachende Dritte sind dann die Unternehmen, die ihre Lohnkosten senken können.
Selbst wenn Tarifverträge für solche Leih-Jobs abgeschlossen werden, gehe ich auf Grund der bisheriger Erfahrungen mit Leiharbeitsfirmen davon aus, dass die Arbeitnehmer der künftigen PersonalServiceAgenturen (PSA) etwa 20 Prozent weniger Lohn in der Tasche haben werden als bei einem normalen Beschäftigungsverhältnis. Während der Probezeit bekommen sie sogar nur Lohn in Höhe des Arbeitslosengeldes oder der Arbeitslosenhilfe. Im Einzelhandel kann das bedeuten, dass auch nach der Probezeit die Löhne unter die Sozialhilfe rutschen.
Aber es ist doch bezüglich der tariflichen Behandlung der Leiharbeit das Prinzip »gleicher Lohn für gleiche Arbeit« vereinbart worden?
Ja, aber auch nach diesem Prinzip rentiert sich die Leiharbeit für Arbeitgeber. Diese müssen keinerlei Sonderzahlungen wie Weihnachts- und Urlaubsgeld leisten. Auch im Krankheitsfall kosten die Leiharbeiter nichts. Dieses Risiko trägt die PSA. Außerdem können sie die Leute je nach Bedarf heuern und feuern. »Der Betrieb kann ein- und ausatmen«, wie es Peter Hartz formuliert hat. Leiharbeit ist eine Form prekärer Beschäftigung, weil die Arbeitnehmer keine Sicherheiten mehr haben und nicht wissen, wo sie nächste Woche ihr Geld verdienen müssen. Nicht umsonst bekommen Leiharbeiter in Frankreich eine 15-prozentige Prekaritätszulage zum Tariflohn. So wie hier die Leiharbeit salonfähig gemacht werden soll, ist das aber nicht anderes als Lohndumping und die Entrechtung der Arbeitnehmer. Ganz davon abgesehen, dass diese Veränderung auf dem Arbeitsmarkt mit einer Verschärfung der Sanktionsmittel für Arbeitslose einhergeht. Und nach den bereits beschlossenen Kürzungen bei Arbeitslosengeld und -hilfe zeichnen sich weitere Leistungssenkungen ab. Ganz nach der Devise – »jede Arbeit zu jedem Lohn« sollen sich die Betroffenen auf einem immer größer werdenden Niedriglohnsektor verdingen.
Wie erklären Sie sich, dass auch die Gewerkschaftsspitzen mit einer Ausdehnung der Leiharbeit einverstanden ist?
Es ist für die Basis nicht nachvollziehbar, wenn die lange erkämpften Arbeitnehmerrechte und bestehende Standards einfach preisgegeben werden. Zudem schaufeln sich die Gewerkschaften ihr eigenes Grab, wenn sie die Schaffung des Leiharbeitssektors unterstützen, denn sie werden dort kaum Mitglieder rekrutieren können. Beschäftigte treten nicht in eine Gewerkschaft ein, die für die schlechten Arbeitsverhältnisse mitverantwortlich sind, unter denen sie tagtäglich leiden müssen.
Logisch wäre da, wenn die Gewerkschaften »Nein« zu den Hartz-Gesetzen sagen würden. Aber das passiert nicht.
Die Gründe für das schlechte Spiel, das die Gewerkschaftsführungen nun treiben, sind rein machtpolitisch. Im Sommer ging es darum, die Wiederwahl von Rot-Grün zu unterstützen. Und nur, um in wichtigen Entscheidungsgremien wie der Hartz-Kommission mitreden zu können, werden nun reihenweise Tabus gebrochen und die Interessen der Arbeitnehmer verkauft. Das ist den Mitgliedern nicht mehr zu vermitteln. Und es ist auch schon deutlich zu spüren, dass gerade bei der Umsetzung der Hartz-Reformen eine deutliche Spaltung zwischen Gewerkschaftsführung und Basis gibt. Hier weht bereits ein frostiger Wind.
In letzter Zeit gründeten sich verschiedene Anti-Hartz-Bündnisse. Welche Möglichkeiten der Gegenwehr gibt es?
Natürlich laufen bereits viele Gegeninformationskampagnen innerhalb der Gewerkschaften und in manchen Betrieben. Protest regt sich aber auch außerhalb von Gewerkschaften, so seit langem schon bei den Erwerbslosen- und Sozialhilfeinitiativen. Neue und vielversprechend sind die breiten Bündnisse unterschiedlichster Gruppen, die jetzt gegen die bereits beschlossenen und noch anstehenden Arbeitsmarkt- und Sozialreformen mobil machen. Berlin machte hier den Anfang. Aber auch im Ruhrgebiet und im Rhein-Main-Gebiet wurden Anti-Hartz-Bündnisse gegründet.
www.anti-hartz.de
http://www.labournet.de/diskussion/arbeit/...elle/hartz/regionen.html
(ND 24.12.02)
Von 4 Mio Arbeitslosen sind (um mal eine Zahl zu vermuten) 3 Millionen zu jetzigen Konditionen einfach chancenlos. Mit jeder Gehaltserhöhung lohnt die Investition in einen Roboter, der die "einfachen" Arbeitsplätze ersetzt. Sind Ingenieure schon mal wegrationalisiert worden? Klar, Einzelne schon, aber tatsächlich ändert sich die Arbeitswelt auf eine Weise, dass es bald nur noch Spezialisten geben wird, die Maschinen für die automatische Fertigung konstruieren werden. Die klassischen "Arbeiter" werden einfach nicht mehr in einer Fabrik-Umgebung benötigt. Insofern kann man das mögliche Lohndumping auch so interpretieren, dass der Rentabilitätswettlauf der Arbeitskraft gegen den Roboter neu entschieden werden soll.
Mag sein, dass dies auch von einigen Gewerkschaftlern verstanden wird, die werden sich aber hüten darüber zu sprechen. Der Begriff "Hartz-Lohn" nennt die Dinge einfach und realistisch beim Namen.