Die Männer neben den Mördern
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Eröffnet am: | 02.06.04 13:59 | von: Notar | Anzahl Beiträge: | 5 |
Neuester Beitrag: | 02.06.04 14:45 | von: lutzhutzlefut. | Leser gesamt: | 1.566 |
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Islamisten: Was für Köln der "Kalif" ist, sind für Hamburg 20 radikale Moslems um die Attentäter vom 11. September.
Verdächtig, observiert - aber der Rechtsstaat tut sich schwer.
Von Kristina Johrde
Hamburg - Einer der Männer auf dem Hochzeitsfoto ist inzwischen tot. Ein anderer ist in den Händen der Amerikaner. Zwei Männer standen in Hamburg wegen Massenmordes vor Gericht, doch beide sind wieder auf freiem Fuß. Mindestens fünf weitere werden vom Staatsschutz als mögliche Terrorverdächtige observiert. Ein zweites Foto zeigt ebenfalls einen Mann, der nicht mehr lebt, einen der Männer, die vor Gericht standen und drei weitere Männer, die der Szene radikaler Islamisten zugerechnet werden.
Die Bilder sind bei Hochzeitsgesellschaften entstanden. Nach Einschätzung des Staatsschutzes gehören rund 20 Männer zum harten Kern der Szene, sie leben unbehelligt von der Justiz in der Hansestadt. Die Männer werden vom Verfassungsschutz als gewaltbereit eingestuft. Sie werden observiert, aber nachweisen konnte man ihnen noch nichts - nicht einmal abschieben konnte man sie. Stattdessen studieren sie hier oder beziehen Sozialhilfe.
Die Islamisten loszuwerden, ist für die Hamburger Behörden offenbar ebenso schwierig wie für die Kölner im Fall des Hasspredigers Metin Kaplan, der 150 000 Euro Sozialhilfe abzockte.
Die Fotos wurden 1999 in der Al-Kuds-Moschee am Steindamm im Hamburger Stadtteil St. Georg aufgenommen. Die Toten sind die Terrorpiloten Mohammed Atta und Ziad Jarrah, die am 11. September 2001 in den USA zwei der vier Todesjets flogen. Der Mann, der vom US-Geheimdienst an einem unbekannten Ort verhört wird, ist Ramzi Binalshibh. Er gilt als Cheflogistiker der Anschläge.
Bei den Männern, die der Justiz so gut wie entkommen sind, handelt es sich um Abdelghani Mzoudi und Mounir el Motassadeq. Sie waren in Hamburg wegen Mordes in mehr als 3000 Fällen angeklagt. Doch das Verfahren gegen Mzoudi platzte, das gegen Motassadeq muss neu aufgerollt werden. Unter dem Titel "Zwei Hochzeiten und 3000 Todesfälle" hat "Der Spiegel" detailliert beschrieben, wer in Hamburg zum harten Kern der Islamistenszene gehört. Und die Schwierigkeiten bei den Ermittlungen gegen die Verdächtigen aufgezeigt, die Schwächen des Rechtsstaats.
Ein Beispiel ist der Marokkaner Abderrazek L., der auf dem Foto zwischen Motassadeq und Mzoudi steht. Bei den Prozessen gegen die beiden saß er ständig im Zuschauerraum. Bei ihm fand die Polizei Videos mit Hass-Reden islamistischer Prediger und von Gräueltaten tschetschenischer Rebellen. Der Mann kümmert sich um den dreijährigen Sohn des Terrorverdächtigen Said Bahaji, der nach den Anschlägen untertauchte. Abderrazek L. nimmt das Kind mit in die Moschee, in der Hass gegen den Westen gepredigt wird.
Ein weiterer Mann auf dem Foto ist Mohammed R.. Er besuchte mit Motassadeq und einem Mann, der ursprünglich als Todespilot vorgesehen war, 1999 im holländischen Eindhoven ein Islam-Seminar. Ein zweiter Mohammed R., der aus dem Jemen stammt, ist auf einem Video einer Hochzeit neben dem Todespiloten Ziad Jarrah zu sehen; er sitzt neben Mzoudi. Die Handy-Nummer des Mohammed R. stand auf der Rückseite einer Visitienkarte von Jarrah, die in den Trümmern des von ihm gesteuerten Flugzeuges gefunden wurde. R. studiert von Hamburg aus Islamwissenschaften an einer französischen Fernuni. Er hat ein unbefristetes Aufenthaltsrecht in Deutschland.
Dann ist noch Bashar M. auf den Hochzeitsfotos zu sehen. Obwohl er mit Jarrah gut bekannt war und die Wohnung der Attentäter an der Harburger Marienstraße 54 in seinem Handy als "Daralansar" - Haus der Sieger - gespeichert hatte, beteuerte er stets, er habe von den Plänen der Attentäter nichts gewusst.
Der Staatsschutz der Hamburger Polizei sucht seit einigen Wochen die Vorstände jener Moscheen auf, die als Treffpunkte radikaler Islamisten bekannt sind. Die Vorstände sollen auf ihre radikalen Brüder einwirken, bevor es zu spät ist. Eine konkrete Gefahr gebe es derzeit nicht, sagt Innensenator Udo Nagel (parteilos), aber eine "hohe abstrakte Gefährdung". Sein Horror-Szenario: ein Anschlag wie am 11. März in Madrid, bei dem die Innenbehörde nachher feststellt, dass sie schon ein Dossier über den Täter hatte - aber nichts tun konnte.
Der Senator sagte dem "Spiegel" zu den radikalen Islamisten: "Eigentlich würde ich die alle gern des Landes verweisen. Dass man als Islamist hierbleiben darf, nur weil man studiert, das versteht Oma Müller nicht, und ich verstehe es auch nicht."
Um künftig radikale Islamisten davon abzuhalten, ein Studium in Hamburg aufzunehmen, verlangen die Bezirksämter seit einigen Monaten von Studenten aus 24 meist islamischen Staaten Auskunft darüber, was sie vor ihrer Einreise gemacht haben. So soll eine Ausweisung möglich werden, falls sich bei einem der Überprüften später herausstellt, dass er in einem Trainingscamp der Al Kaida in Afghanistan gewesen ist.
Mzoudi und Motassadeq waren erwiesenermaßen in solchen Camps, haben aber vor Gericht beteuert, dass sie dort nicht für Anschläge ausgebildet worden seien. Die Hamburger Hochschulen, an denen sie studierten, wehren sich gegen die Verdächtigen: Die TU Harburg will den Studenten Motassadeq loswerden, die Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) will Mzoudi nicht wieder zulassen. Er war exmatrikuliert worden, weil er während der Untersuchungshaft die Rückmeldung verpasst hatte.
Bei Mzoudi und Motassadeq will es die Ausländerbehörde jetzt mit einem neuen Paragraphen im Ausländergesetz versuchen. Der Paragraph 8, Absatz 1, Nummer 5, soll den Rauswurf der Männer aus Deutschland begründen - trotz der bisher gescheiterten Strafprozesse. Die Klausel führt zur Ausweisung, wenn Fakten belegen, dass ein Ausländer eine internationale terroristische Vereinigung unterstützt. Über die Tatsachen entscheiden Richter - auch darüber, ob es in diesen Fällen reicht, dass die Männer in Camps in Afghanistan waren.
erschienen am 2. Juni 2004
Auf Dauer gesehen kann es dort auch kein anderes Mittel der Ausweisung geben, solange sich der Islam nicht vom Fundamentalismus lossagt, genauso wie bei den Palästinensern.