Deutschland und Frankreich: Unwichtig!!
Seite 1 von 1 Neuester Beitrag: 08.04.03 16:40 | ||||
Eröffnet am: | 08.04.03 13:44 | von: calexa | Anzahl Beiträge: | 11 |
Neuester Beitrag: | 08.04.03 16:40 | von: Happy End | Leser gesamt: | 2.099 |
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Es ist den Nachrichtenagenturen und Fernsehanstalten mittlerweile eine Meldung wert, dass Bundeskanzler Gerhard Schröder sich einen Sieg der Alliierten wünscht. Für Journalisten fällt diese Nachricht offenbar inzwischen in die Kategorie "Mensch beißt Hund". Denn wer hätte so etwas für möglich gehalten? Ist Schröder nun doch nicht neutral in diesem Krieg?
Es scheint den Regierenden in Berlin mittlerweile zu dämmern, dass die antiamerikanische Position, die sie während des Wahlkampfs und in den Monaten danach eingenommen haben, eine gefährliche Dynamik ausgelöst hat. Zumindest verbal versuchen sie nun, diese Entwicklung einzudämmen.
Vor einigen Wochen hoffte die Bundesregierung noch, dass die deutsch-amerikanischen Beziehungen sich automatisch normalisieren würden. Schließlich sei das nach früheren Krisen im transatlantischen Verhältnis auch so gewesen, behaupteten die Apologeten der Bundesregierung. Die Einschätzung wird sich als Irrtum erweisen. Auch die Nachkriegszeit, die schon in wenigen Tagen anbrechen kann, wird nicht zu einer Détente führen. Der schon voll entbrannte Krach über die Nachkriegsordnung deutet eher auf weitere Spannungen hin. In Deutschland kommen antiamerikanische Ressentiments auf den Straßen und in den Medien an die Oberfläche. Man mag es gut finden oder nicht. Deutschland hat sich in der Sicherheitspolitik von dem Bündnispartner USA und damit auch von einem Teil der EU abgekoppelt.
Konsequenzen einer Wahnsinnstat
Die Konsequenzen dieser Wahnsinnstat sind vielschichtig. Deutschland und Frankreich sind nicht gerade wirtschaftlich oder außenpolitisch erfolgreich. Die Bundesrepublik ist wie kein anderes Land auf den Welthandel angewiesen, weil sie wegen ihrer überregulierten Wirtschaft nicht in der Lage ist, eine eigene, von der EU und den USA unabhängige Wachstumsdynamik zu erzeugen. Eine der ersten wirtschaftlichen Konsequenzen der Spaltung der alten Westallianz wird genau dort einsetzen, wo Deutschland am empfindlichsten ist, im internationalen Handel. Protektionismus schadet allen, aber er schadet uns Europäern im Verhältnis mehr als den Amerikanern. Früher hat es Deutschland nicht verstanden, seine wirtschaftliche Macht in politische Stärke umzumünzen. Heute verhält es sich genau umgekehrt. Das wirtschaftlich schwache Deutschland überhebt sich in der internationalen Politik.
Das beste Beispiel dafür ist der für den 29. April geplante Verteidigungsgipfel von Deutschland, Frankreich, Belgien und Luxemburg. Eine Verteidigungsunion als Teil einer europäischen Außen- und Sicherheitspolitik ist sicher eine sinnvolle Weiterentwicklung der Europäischen Union. Und wahrscheinlich werden nicht alle gegenwärtigen und künftigen EU-Mitglieder dieser Verteidigungsunion beitreten wollen. Aber bevor man sich eine kerneuropäische Alternative zur Nato oder gar zur einer paneuropäischen Armee überlegt, sollte man sich zunächst über die Ziele der Außen- und Sicherheitspolitik im Klaren sein. Geht es darum, ein Gegengewicht zu den USA zu bilden? Wenn das so sein sollte, werden die Briten, Italiener, Spanier und die Osteuropäer nicht mitmachen. Dann müssten aber die Militärausgaben in Frankreich und vor allem in Deutschland drastisch steigen, um eine schlagfertige Truppe aufzubauen. Eine derartige Aufrüstung wäre nur finanzierbar, wenn Berlin gleichzeitig den Sozialstaat abbauen würde. Mit den jetzigen Kapazitäten wäre eine fusionierte deutsch-französische Armee - die Luxemburger und Belgier vergessen wir lieber - eine ziemlich irrelevante Show.
Ohne die Briten läuft nichts
Alternativ könnte man über eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik nachdenken, die die Zusammenarbeit mit den Vereinigten Staaten zum Ziel hat. Dazu bedarf es allerdings keines Sondergipfels der Antiamerikaner, im Gegenteil: Wer eine auf Kooperation basierende Lösung anstrebt, sollte zunächst mit den Briten reden und nicht mit den Belgiern. Ohne Großbritannien wird es keine europäische Sicherheitspolitik geben, genauso wie es ohne Deutschland keine Währungsunion geben konnte.
Was Deutschland und Frankreich planen, ist eine politische Farce. Eine europäische Armee ohne politisches Mandat, ohne gesellschaftlichen Konsens und ohne ausreichende Finanzmittel ist überflüssig. Eine solche europäische Armee wäre eine Armee, die nicht kämpfen würde, genauso wie die Bundeswehr heute. Was wir hier wieder einmal erleben ist die europäische Vorliebe zum Institutionalismus um seiner selbst willen: Zunächst kreieren wir die Institutionen, und dann überlegen wir uns, was wir damit machen.
Sicherheitspolitik funktioniert so nicht. Armeen benötigen einen Oberbefehlshaber, eine klare Kommandostruktur. Was macht die europäische Armee, wenn die deutsche und die französische Regierung einen Konflikt unterschiedlich beurteilen? Mit qualifizierten Mehrheiten kann man Quoten für Olivenöl durchsetzen, aber nicht Krieg führen.
Wer auf eine erfolgreiche europäische Außen- und Sicherheitspolitik setzt, kann nicht umhin, den geplanten Verteidigungsgipfel als politischen Zynismus zu verurteilen. Am 29. April trifft sich nicht die Koalition der Unwilligen. Es trifft sich der Klub der Unwichtigen und der Größenwahnsinnigen.
So long,
Calexa
www.investorweb.de
Nun trifft es die deutsche Wirtschaft.
Dass man da nicht Hurra schreit ist verständlich, aber dieses Aufbäumen gegen das Unrecht der US-Politik wird uns zumindest geschichtlich gesehen Pluspunkte bringen.
was zum politischen fingerspitzengefühl von schröder passt
habe ich gerade an anderer stelle im board gelesen.
es ist ihm ( schröder ) doch allen ernstes einen pressemeldung des kanzleramtes wert, daß er den allierten den sieg wünscht.
ja wo war denn schröder in den letzten beiden wochen ?
es fehlen der rot-grünen regierung politische leitlinien nach denen in diesen zugegebenermassen schwierigen zeiten regiert werden muß.
wenn alles gut läuft-wirtschaft, kein krieg, gute soziale sicherung dann ist es leicht .
aber jetzt ist mut und überzeugungskraft gefragt und gefodert und nicht erst meinugsumfragen und dann entscheiden.
diese führungskraft vermisse ich bei schröder.
gruss
bluesman
Das ist an sich mal nicht schlimm, weil es nur ein paar Hundert davon gibt, die im Bundestag sitzen.
Insofern erwarte ich für den andauernden Abbau von öffentlichen Leistungen bei gleichzietiger Erhöhung von Abgaben einen gewissen Unterhaltungswert.
Der Meister heißt nach wie vor Franz Josef Strauß.
Helmut Kohl hat sich bemüht (Respekt!), aber er ist nie über die Stufe der Peinlichkeit hinausgewachsen.
Und jetzt haben wir endlich (ENDLICH!) mit Gerd S. den größten Komiker aller Zeiten: den müssen wir behalten. Den müssen wir hegen und pflegen, weil: verarscht wird man sowieso, aber DIESER UNTERHALTUNGSWERT, der ist nicht zu toppen.
Wozu bezahl ich denn meine Steuern? Früher dachte ich: für Müllabfuhr, Straßenreinigung und Rente. Heute haben wir selbstorganisierte Mülltrennung, keine Türken mehr mit Besen und Riestermäßige Selbstversorgung. Aber die Steuern zahle ich immer noch. Ich frag mich langsam, wofür.
Aber ich habe die Antwort: für die Polit-Show. Und der Gerd gehört zu den Meistern des Lachens, das einem im Halse stecken bleibt.
Weiter so.
Wer hier Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!
dem posting von calexxa ist nichts hinzuzufügen...das bittere erwachen von schröder kommt erst noch! aber langsam scheints ihm schon zu dämmern!
ich habe schon vor einiger zeit darauf aufmerksam gemacht, daß ich gespannt darauf bin,
wie die das verhalten der regierung schröder nach dem ende des irak-krieges gewertet wird...
BTW: Hat Schröder jemals die Position eingenommen, er wäre für einen Sieg Husseins???
...und schön auch, dass Herr Münchau wie SchwarzerLord so wunderbar differenziert und schon von Antiamerikanismus spricht, wenn man nicht dieselbe Position wie Bush einnimt ;-)