Kochs längstes Interview: Ein Mann der Worte


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Neuester Beitrag: 20.12.02 10:42
Eröffnet am:17.12.02 12:01von: SahneAnzahl Beiträge:4
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8215 Postings, 8404 Tage SahneKochs längstes Interview: Ein Mann der Worte

 
  
    #1
17.12.02 12:01
Roland Koch spricht gern und viel. Kein Wunder also, dass das Interview, mit dem der hessische Ministerpräsident jetzt den Wahlkampf eröffnet hat, 214 Seiten lang geraten ist. Das Schönste an dem Koch-Buch ist jedoch sein Titel.

Berlin - Natürlich war dem Gesicht des hessischen Ministerpräsidenten nicht die geringste Regung anzumerken, als er als ein Politiker vorgestellt wurde, "dem auch noch weitere Ambitionen nachgesagt werden". Und auch wenig später, als der Herausgeber der SPD-freundlichen und inzwischen eingegangenen "Woche", Manfred Bissinger, erzählt, Roland Koch rüttele anders als der derzeitige Bewohner des Kanzleramts nicht an den Gitterstäben, sondern warte darauf, dass er von den Wählern durchs offene Tor getragen werden: kein Kopfschütteln, keine Geste des Ablehnens solcher Visionen.
"Beim Wort genommen" heißt das Buch, das hier in der hessischen Landesvertretung in Berlin vorgestellt wird. Ein Titel der nicht der Komik entbehrt, denn der Mann, der beim Wort genommen werden soll, heißt Roland Koch. In der Tat ein Mann des Wortes. Erst in der vergangenen Woche erregte er im hessischen Landtag großes Aufsehen, als er kritisierte, dass in der Vermögensteuerdebatte Namen reicher Deutscher genannt wurden. Das sei "eine neue Form von Stern an der Brust" und "eine schlimme Parallele zu anderen Zeiten", polterte Koch. Es folgte allgemeines Entsetzen, dann tumultartige Szenen.

"Beim Wort" also will Koch genommen werden. Zur Erinnerung: Anfang 2000 muss der hessische Ministerpräsident Roland Koch eingestehen, in der CDU-Spendenaffäre gelogen zu haben. Wir erinnern uns auch an Schwarzgelder, die als "jüdische Vermächtnisse" ausgegeben worden waren. Wir erinnern uns weiter an ein anderes Wort, mit dem Koch während des Spendenskandals schon beinahe Sprachgeschichte schrieb: die "brutalstmögliche Aufklärung". Und wir erinnern wir uns an seinen wütenden Auftritt im Bundesrat bei der Abstimmung über das Zuwanderungsgesetz. Alles nur inszeniert, gab später Saarlands Ministerpräsident Peter Müller zu.

Koch gibt sich heute sehr zurückhaltend. Zumindest so viel weiß der Hesse: dass er dieser Tage gut daran tut, sich in Bescheidenheit zu üben. Nach dem Judenstern-Vergleich ist selbst beim hessischen Wahlvolk der Bedarf an markigen Sprüchen des Landesvaters gedeckt. Entsprechend wortkarg ist Koch auch, wenn es um den Landtags-Eklat geht. Auf die Frage, ob sich Vergleiche mit der Nazi-Vergangenheit verböten, antwortet Koch bei der Buchvorstellung knapp: "Ja." Und ob der verbale Ausfall seine Wahlchancen gemindert hätten? "Nein." Er glaube, die Menschen hätten seine Entschuldigung verstanden. Der Rest ist Schweigen.

"Beim Wort genommen" ist ein 214 Seiten langes Interview, erschienen pünktlich zum Wahlkampf. Ein solches Interview darf natürlich nicht jeder führen. Der Mann, mit dem sich Koch acht Mal zusammensetzte und viele Stunden unterhielt, heißt Hugo Müller-Vogg und war viele Jahre Mitherausgeber der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Im Februar 2001 trennte sich die Zeitung überraschend von ihm. Wegen seiner "zu konservativen Linie", behauptete die "taz". Das wollten die Frankfurter so nicht stehen lassen, klagten gegen die Kollegen in Berlin und verloren. Auch Bissinger merkt nach Lektüre des Mammut-Interviews an: "Man gewinnt teilweise den Eindruck, als habe hier ein Ultra-Konservativer einen Liberal-Konservativen befragt."

Niemand wird von einem zu Wahlkampfzwecken verfassten Buch kritischen Journalismus erwarten, und so verwundert es auch wenig, dass Müller-Vogg in seiner Einleitung lobend hervorhebt, dass Koch "unzählige Fragen beantwortet, auf Nachfragen eingeht, sich mit Einsprüchen auseinandersetzt und auch unangenehmen Entgegnungen nicht ausweicht" - Dinge, die ohnehin als Grundvoraussetzungen eines Interviews gilt, sonst ist es überflüssig. Bei der Autorisierung, lobt Müller-Vogg den Interviewten weiter, habe der nichts wesentliches geändert. Koch sei "ja jemand, der sehr kontrolliert spricht". Allgemeine Heiterkeit.

Vorausschauend und larmoyant zugleich verweist der Journalist auch auf die bösen Kollegen, die seine Rolle bei der Entstehung des Interviews auf die eines Stichwortgebers reduzieren würden. Aufschlussreich sind die gegebenen Stichworte allemal: Gleich die erste Frage bezieht sich auf Kochs Schulzeit: "Hat man Ihnen damals zu Recht nachgesagt, 'der kleine Koch studiert auf Bundeskanzler'?" Und am Ende des Buches fragt Müller-Vogg, ob Koch einen Wechsel nach Berlin im Jahr 2006 nicht ausschließt. Eine Frage, die zu bejahen Koch sich in der gegenwärtigen Situation freilich nicht leisten kann. Aber sein "Bei diesen 'Was-wäre-wenn-Spielchen' habe ich eigentlich noch nie mitgemacht. Und das bleibt auch gut so" kommt schon recht nahe an ein "Ja" heran. Und auch der Text auf dem Schutzumschlag beginnt mit eindeutigen Worten: "Roland Koch ist ein Politiker, der schon viel erreicht hat - und dem viele zutrauen, dass er noch mehr erreichen wird." Was das wohl sein könnte?

"Angela Merkel ist jetzt unumstritten die Nummer 1?" wird Koch in seinem Buch von Müller-Vogg gefragt. Antwort: "Angela Merkel hat damit die zentrale Verantwortung für die gesamte Strategie der Union übernommen. Die Aufgabe ist nicht einfach." Bissinger liest die Passage vor. Die Aufgabe sei in der Tat nicht einfach, sagt er mit Blick auf den ambitionierten Parteikollegen, der Merkel im Nacken sitzt. Bissinger ist sich sicher: "Es gibt keine Zweifel, dass er 2006 gegen Berlin stürmen will." Für den nächsten Schritt dort hin, die Wiederwahl in Hessen, sieht Bissinger - neben dem unsicheren Abschneiden der FDP - nur eine Unwägbarkeit: "Gefährdet werden könnte sein Sieg nur durch neue Torheiten - Däubler-Gmelin lässt grüßen."

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,227469,00.html
 

8215 Postings, 8404 Tage SahneDie Inszenierungen des Roland Koch

 
  
    #2
20.12.02 10:07
Tabubruch mit Vorsatz

Vergangene Woche war es mal wieder soweit. Der hessische Ministerpräsident Roland Koch wollte sich offenbar am rechten Rand beliebt machen: Unternehmer würden von linken Gewerkschaftern verfolgt wie damals die Juden von den Nazis, deutete er an. Koch entschuldigte sich schnell - nicht zum ersten Mal. Auch für die zynische Lüge seines damaligen Schatzmeisters, dubiose CDU-Gelder stammten aus "jüdischen Vermächtnissen", entschuldigte sich Koch später. Und seine Unterschriftenaktion im Wahlkampf gegen die doppelte Staatsbürgerschaft hatte für Koch angeblich nichts mit Ausländerfeindlichkeit zu tun.

Ist Koch ein kühl kalkulierender Tabubrecher, der Vorurteile in der Bevölkerung nutzt, um auf Stimmenfang zu gehen? Gerade hat Koch das Vorwort für ein neues Buch verfasst, in dem Aufsätze von Rechtsradikalen enthalten sind.

Er stehe nicht hinter allen Positionen der Autoren, sagt Koch lapidar zu PANORAMA. Klingt fast schon wieder nach der üblichen Entschuldigung.

www.panorama.de  

3243 Postings, 8711 Tage flamingoeDein Panorama-Link ist interessant

 
  
    #3
20.12.02 10:18
hat aber nichts mit der ARD zu tun :-)


versuch´s mal hiermit
http://www.ndrtv.de/panorama/20021219/koch.html

die Sendung wir übrigens heute wiederholt um 11.30 Uhr auf ORB  

8215 Postings, 8404 Tage SahneUps...

 
  
    #4
20.12.02 10:42
HeiEiEi, schnell und unscharf geschossen :-)  

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