Alle machen mit, aber keiner weiß Bescheid


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Eröffnet am:05.01.07 07:19von: moyaAnzahl Beiträge:1
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05.01.07 07:19

Alle machen mit, aber keiner weiß Bescheid

von Jochen Steffens

Gestern passierten dann Dinge, die in ihrer typischen Börsenabsurdität wieder einmal das gefundene Fressen für Analysten war, jedoch zu einem großen Teil, wie immer, falsch verstanden worden sind.

Zunächst einmal war eine Sache entscheidend. Der ISM-Index notierte deutlich über den Erwartungen, und auch wieder über der entscheidenden 50er Marke. Das war die eigentlich wichtige Nachricht des Tages. Da auch die Immobiliendaten zwar immer noch nicht gut, aber immerhin besser als erwartet ausgefallen sind (siehe Investor's Daily von gestern) kam es in Folge der Veröffentlichung der Zahlen um 16.00 Uhr erst einmal zu steigenden Kursen.

Nur, wie heißt es so schön bei Veröffentlichung von Konjunkturdaten: Die erste Reaktion nach Konjunkturzahlen ist oft die falsche! Zuerst reagiert nämlich das „dumme schnelle“ Geld, erst dann wird sich Gedanken gemacht und das „vernünftige große“ Geld bestimmt im Anschluss die weitere Richtung.

Denn der steigende ISM-Index war keineswegs so gut für den Markt, wie es auf den ersten schnellen Blick ausgesehen hatte.

US-Zinsen und ISM-Index

Wir wissen, seit Herbst letzten Jahres spekuliert der Markt auf eine „baldige“ Zinssenkung. Der ISM Index ist deswegen so wichtig in diesem Zusammenhang, da ein recht deutlicher Zusammenhang zwischen Zinssenkungen und der Entwicklung des ISM-Index besteht.

Es gilt, wenn der ISM-Index des verarbeitenden Gewerbes drei Monate in Folge unter 50 Punkte notiert, droht eine Rezession. Offenbar weiß das auch die Fed und reagiert entsprechend. Sobald der ISM-Index nachhaltiger unter die 50 Punkte Marke rutscht, folgen Zinssenkungen. Hier der entsprechende Chart dazu, der diesen Zusammenhang eindrucksvoll belegt.

Chart

Quelle: www.wellenreiter-invest.de (Jahresausblick)

Dadurch, dass der ISM-Index also wieder oberhalb der 50er Marke notiert, sinken die Zinssenkungshoffnungen. Das führte dazu, dass nach der ersten freudigen Kursreaktion der Mark nach und nach wegbrach.

Fed-Protokoll führt zu Kurseinbruch

Und dann kam es heftig. Das Fed-Protokoll der letzten Zinsentscheidung wurde um 20.00 Uhr veröffentlicht. Aus diesem ging hervor, dass sich die Fed auch aufgrund des Immobilienmarktes Sorgen über eine zu starke Abschwächung der Wirtschaft macht. Allerdings sieht die Fed in der Inflation weiterhin das größte Risiko, trotz der moderateren Entwicklung der Kernraten.

Diese Nachricht schockte die Märkte. Es schien, als seien die schlimmsten Befürchtungen wahr geworden: Stagflation! Die US-Wirtschaft schwächt sich ab, die Inflation bleibt oben! Die Kurse rauchten nach unten und als dann auch noch wichtige charttechnische Unterstützungen gebrochen wurden, trat Panik auf.

Doch auch diese Reaktion ist nicht ganz vernünftig. Schaut man sich zum Beispiel den Preisindex des ISM-Index an, dann erkennt man hier eine weitere Abschwächung des Preisdrucks (siehe Investor's Daily von gestern).

Wenn aber das Inflationsrisiko aus dem Markt geht, dann bleiben nur die Abwärtsrisiken für die Wirtschaft und diesen kann man schließlich mit Zinssenkungen begegnen.

Deswegen, aber auch weil der Ölpreis um über 5 % einknickte und damit die Inflationssorgen noch weiter abmilderte, kam es im Anschluss an diesen panikartigen Verkauf zu einer deutlichen Erholung, die jedoch nicht ausreichte, um die US-Märkte wieder ins Plus laufen zu lassen.

Interessant war aber auch, dass ein Fed-Mitglied in das letzte Statement der Fed eine Erklärung einfließen lassen wollte, nach der auch eine Lockerung der Geldpolitik durchaus möglich sei!

Wie sind die Nachrichten zu gewichten?

Und jetzt kommt die Quadratur des Kreises: Wäre gestern der ISM-Index unter 50 Punkten verblieben, wäre das ganze Szenario sehr, sehr bullish gewesen! Schließlich ist das Statement der Fed schon älter und angesichts fallendem Ölpreis und sinkendem Preisdruck im ISM-Index, sprich gesunkenen Inflationsrisiken, wäre ein schwacher ISM-Index ein deutlicher Hinweis auf eine Zinssenkung gewesen. Der Einbruch hätte sich als üble Bullenfalle herausgestellt.

Aber: Der wieder angestiegene ISM-Index kann dazu führen, sehen Sie sich den obigen Chart an, dass die Wirtschaft nun wieder zulegt und das Tief erst einmal überwunden wäre, sozusagen knapp an der 50 Punkte-Marke vorbeigeschliddert. Das wiederum würde jedoch bedeuten, dass überhaupt keine Notwendigkeit mehr für die Fed bestände, die Zinsen zu verändern. Weder nach oben noch nach unten.

Nun spekuliert aber der Markt auf eine Zinssenkung. Wenn sich also die Erkenntnis durchsetzt, dass diese Zinssenkung(en) ausbleibt(en), kann es erst einmal zu einer Konsolidierung kommen. Das würde leider auch charttechnisch im Moment gut passen. Sie wissen, das ist die Möglichkeit, die ich zurzeit favorisiere: Die Fed lässt die Zinsen mindestens bis Mitte/Herbst 2007 unverändert.

Genau an der richtigen Marke

Vielleicht erinnern Sie sich, ich hatte am 14.12.2006 geschrieben: Schafft es der Dax sich von der 6500er Marke nach oben abzulösen, wird er an der 6700er Marke eine kleine Konsolidierung hinlegen, bis die Kurse dann an die 7000 Punkte Marke laufen. Diese Marke wird eine mittlere Anziehung auf den Dax ausüben, psychologisch wichtiger ist jedoch die 7500er Marke, doch soweit sind wir noch nicht.

Genau an der 6700er Marke hat der Dax seine Konsolidierung angefangen, schauen wir mal, wie weit diese gehen wird. Aber auch der S&P500 Chart schreit geradezu nach einer Konsolidierung, wehrt sich aber noch mit Händen und Füßen. Kommt es zu einer solchen Erkenntnis sollte sich allerdings dann auch schnell durchsetzen, dass es 2007 doch nicht zu einer längeren Rezession in den USA kommen wird, was wiederum die Kurse noch etwas nach oben treiben könnte.

Wichtig wird sicherlich auch der heutige ISM-Index für den Dienstleistungssektor werden, dazu später mehr.

In der Goldfalle

Und zum Schluss noch Gold:

Wieder ist Gold an der 640er/650er Marke abgeprallt. Ich sage doch, da ist ein Verkäufer am Parkett – Sie erinnern sich vielleicht an die ausführliche Chartanalyse zum Gold. Auffallend war die Intensität des Einbruchs. Dafür gibt es zwei mögliche Gründe: Möglichkeit 1: Der Verkäufer ist fast leer verkauft und hat nun die letzten Positionen einfach in den Markt gedrückt, weil er seinen Schnitt hatte. Das wäre sehr bullish zu werten – wenn der Verkäufer weg ist, wäre der Weg nach oben frei.

Oder aber, die Bullen verlieren die Geduld und haben aufgegeben/kapituliert. Das wäre wiederum sehr bearish zu werten.

Wie immer wird der Markt verraten, was genau los ist. Wird nun der Goldpreis über die 640er Marke langsam und stetig ansteigen, dann wäre es bullish zu werten. Kommt es jedoch zu weiter fallenden Kursen, wird sich die in der damaligen Chartbesprechung schon erwartete Seitwärtsbewegung zwischen 560 Dollar und 650 Dollar immer deutlicher bestätigen, siehe Chart:

Chart

Sie sehen die beiden Begrenzungen der Seitwärtsbewegung. Bricht Gold nachhaltig über die grüne Widerstandszone, wird es bullish. Fällt der Goldpreis jedoch nachhaltig unter die rote Unterstützungszone wird es bearish. Alles dazwischen ist zurzeit wenig prognostizierbar.

Wenn Sie jedoch Nerven wie Drahtseile haben, können Sie oben im grünen Bereich short gehen und unten im roten Bereich Long... Passen Sie dabei aber auf die Währungsturbulenzen auf, diese können bei Europäern die Ausnutzung dieser Tradingrange ganz schön durcheinander bringen.

Gruß Moya

 

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